Elisabeth Prinzessin zu Wied - Königin von Rumänien

auch bekannt unter ihrem Künstlernamen Carmen Sylva

Weihnachtsstern
Prinzessin Elisabeth zu Wied kam am 29.12.1843 in Neuwied am Rhein als drittes Kind von Hermann Fürst zu Wied (1814 - 1907) und seiner Frau Marie, geborene von Nassau-Weilburg (1825 - 1902) zur Welt. Ihr Vater, Fürst Hermann, setzte die liberale und musische Tradition des Fürstenhauses fort. Dichter, Gelehrte und Künstler waren bei ihm zu Gast. Er selbst veröffentlichte unter Pseudonym zwei vom Mesmerismus und Okkultismus beeinflusste philosophische Werke.
Die Kindheit der lebhaften und phantasiebegabten Prinzessin Elisabeth war überschattet von ihrer strengen Erziehung und den schweren Krankheiten ihrer Eltern und ihres jüngeren Bruders. Um ständig unter ärztlicher Kontrolle zu sein, wohnte die Familie 1851 bis 1853 in Bonn. Die Mutter führte dort einen Salon, in dem unter anderem Ernst Moritz Arndt und Clara Schumann verkehrten. Elisabeth erlebte in Bonn den Abglanz der Biedermeierzeit, eine Erfahrung, die ihr Leben prägen sollte.
Foto von Elisabeth

Bei der Erziehung der Prinzessin wurde besonderer Wert auf Sprachen gelegt. Elisabeth lernte Englisch, Französisch, Latein, Griechisch, Ungarisch, Russisch. Ungewöhnlich waren neben dem üblichen Unterricht in Literatur- und Kunstgeschichte die hohen Anforderungen, welche die Eltern in den naturwissenschaftlichen Fächern stellten. Das Lesen von Romanen war ihr verboten. Elisabeth musste ihr Tagebuch heimlich führen. Die eigentlich fröhliche und lebhafte Prinzessin fühlte sich unverstanden und zog sich häufig in die Wälder um Monrepos, dem Sommersitz der Fürsten, zurück.
Nach ihrer Konfirmation folgte eine Zeit des Reisens. Sie verbrachte ein Jahr in Paris, mehrere Monate am preußischen Hof in Berlin und in Neapel, In St. Petersburg erfuhr sie vom Tod ihres Vaters. 1867 war sie in Paris und 1868 in Schweden.

Nach Monrepos zurückgekehrt, plante sie eine Zukunft als Lehrerin. 1869 lernte sie bei einem Brahmskonzert Karl Eitel Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen (1839-1914), den damaligen Fürsten Carol und späteren König Carol von Rumänien, kennen. Sie heirateten im gleichen Jahr in Neuwied. Das Paar war durch Freundschaft und Achtung, nicht durch Liebe miteinander verbunden. 1870 ließ Karl die Sommerresidenz bei Sinaia erbauen. Hierhin zogen sie sich im Sommer zurück, um sich von ihren anstrengenden Pflichten zu erholen. Als ihr Mann 1881 zum König von Rumänien gekürt wurde, folgte sie ihm nach Bukarest.

Dass sie jemals Königin von Rumänien werden würde, und noch dazu die erste, hätte sich Elisabeth als junges Mädchen nicht träumen lassen, obwohl sie Scherze darüber machte. In ihren unbekümmerten, jungen Jahren hielt sie wenig von einer Heirat und auf alle Anträge, die sie bekam, antwortete sie stets: Ich heirate nur, wenn ich Königin von Rumänien werden kann, denn dort kann ich wenigstens noch eine Aufgabe erfüllen. Das war ihr Standardscherz um heiratswilligen Bewerbern den Mund zu stopfen, denn zu diesem Zeitpunkt existierte noch kein rumänisches Königreich. Ihren späteren Mann lernte sie auf eine überraschende Art kennen, wie eine Anekdote erzählt. Eines Tages, als sie zu ungestüm die Treppe (im Neuwieder Schloss) herunter lief, rutschte sie aus und wurde spontan von einem jungen Leutnant, welcher gerade die Treppe hinaufging, aufgefangen. Der Offizier war Prinz Karl von Hohenzollern-Sigmaringen. Er heiratete sie 1869, als er bereits drei Jahre Fürst von Rumänien war. Das rumänische Königreich entstand später aus dem Zusammenschluss von Moldawien und der Walachei.

Königspaar auf einer Wiese liegend

Elisabeth nahm ihre Aufgabe als Landesmutter ernst. Der Verbesserung des Schul- und Erziehungswesens widmete sie ihre ganze Kraft. Zusammen mit Fürst Carol versuchte sie das damals orientalisch geprägte Land politisch und kulturell an Mittel- und Westeuropa anzuschließen. Für den selbstlosen Einsatz der Fürstin während des Russisch-Türkischen Krieges erhielt sie den Katharinenorden.
Der Tod ihrer Tochter, der Prinzessin Marie, bedeutete für Elisabeth einen großen Verlust, aber auch einen Umschwung in ihrem geistigen Leben. Sie begann an ihr Talent zu glauben und sah sich als Dichterin. Ihre ersten Veröffentlichen waren Übersetzungen von den Gedichten des Rumänen Vasile Alecsandri.

1981, zur Zeit ihrer ersten Veröffentlichungen begann die Zusammenarbeit mit Mite Kremnitz: Carmen Sylva hatte die deutsche Frau eines deutschen Arztes in Bukarest kennen gelernt. Mite Kremnitz wurde offizielle Vorleserin der impulsiven Königin. Die gemeinsamen Werke der beiden ungleichen Frauen erschienen unter dem Pseudonym Dito und Idem. Mite Kremnitz stand neuen Literaturauffassungen wie dem Realismus und dem Naturalismus aufgeschlossen gegenüber, Carmen Sylva dagegen verachtete moderne Strömungen in der Literatur und Kunst. Diese Unstimmigkeit und ihre okkultistischen Neigungen führten zum Bruch zwischen den Frauen.
Ein Großteil der Werke Carmen Sylvas erschien zwischen 1881 bis 1892: Gedichtbände, Novellen, Märchen, Romane Essays und Aphorismen. Carmen Sylva machte die rumänische Literatur in Europa bekannt. Ihr Ruhm als "Dichterkönigin" begründete sich vor allem durch ihre aufwendig gestalteten Gedichtbände. Ein Teil der dem Volkslied angelehnten Lyrik wurde von August Bungert vertont. So zum Beispiel der 1884 entstandene Liederzyklus Mein Rhein, den sie in Bukarest aus einem Gefühl des Heimwehs heraus verfasste.

Bild von elisabeth mit Kopftuch
Über die Qualitäten von Carmen Sylva als Dichterin und Schriftstellerin gibt es unterschiedliche Meinungen. Sie schrieb Gedichte, Märchen, und Romane mit neoromantischen-impressionistischem Inhalt. Hauptsächlich wurde sie aber durch Werke bekannt, welche durch die rumänische Landschaft und Folklore inspiriert waren. Ein kleines Beispiel aus ihren Werken ist folgende Weisheit:

Die große Masse ist veränderlich wie das Meer.
Sie trägt Dich gemäß Deinem Wohlstand.

Über ihren eigenen Ruf als Schriftstellerin:

Carmen, der Gesang, Sylva der Wald
Der prächtige Wald singt sein Lied
und wenn ich nicht in meinen geliebten Wäldern
geboren wäre, würde meine Laute das Lied
nicht nachsingen können.

Carmen Sylva war nicht zuletzt auf Grund ihre Position sehr unkritisch gegenüber sich selbst und anderen. Die Qualität ihrer Werke ließ nach, ihre Neigung zum Okkultismus und ihre unkritische Haltung hatte zur Folge, dass sie sich in eine politische Affäre um ihre Hofdame Helene Vacarescu und den Thronfolger Franz Ferdinand verstrickte. Als Folge dieser Ereignisse wurde sie unter dem Vorwand eines "Nervenleidens" ins Ausland geschickt. Orte der Verbannung (1890-1893) waren Venedig, der Lago Maggiore und das Heim der Mutter in Monrepos. 1893 reiste König Carol nach Monrepos. 1894 kehrten sie nach Bukarest zurück und feierten unter der Anteilnahme des ganzen Volkes ihre silberne Hochzeit.
Die Königin widmete sich vermehrt sozialen, wirtschaftlichen und karitativen Aufgaben. So schuf sie u. a. eine Heimarbeiterindustrie im textilen Bereich. Hierzu führte sie erfolgreich die Seidenraupenzucht in Rumänien ein. Carmen Sylva schuf Bildungseinrichtungen für Frauen und Mädchen und förderte in Bukarest das Frauenstudium. Obwohl sie der Frauenbewegung und den Suffragetten ablehnend gegenüberstand, sah sie für Frauen die Notwendigkeit finanzieller Unabhängigkeit durch eigenes Einkommen. Carmen Sylva war als Künstlerin überspannt und weltfremd, als Königin Elisabeth war sie tatkräftig, unkonventionell und erfolgreich. In einer Zeit der nationalen Pompes und kriegerischer politischer Auseinandersetzungen, setzte sie sich für Frieden zwischen den Völkern und die republikanische Staatsform ein. Dabei vernachlässigte sie nicht ihre literarischen Aktivitäten.

Elisabeth war sehr engagiert und wurde eine beliebte Königin, die liebevoll mit dem Kosenamen "Mütterchen" bedacht wurde. Sie gründete Schulen, Krankenhäuser, Kurorte und Kindergärten. Sie setzte sich für das Gesundheitswesen, Sozialwesen (Rente für alte Leute, Sozialhilfe für Bedürftige usw.) und die Kunst ein, doch im Privatleben hatte sie weniger Glück. Ihre einzige Tochter Marie verstarb mit vier Jahren an Typhus. Durch diesen Schicksalsschlag schrieb sie noch mehr und befasste sich mit Musik. Sie organisierte Hofkonzerte und literarische Zusammenkünfte und schrieb Texte für andere Komponisten. Mit dem deutschen Komponisten August Bungert z.B. unterhielt Carmen Sylva eine lebenslange Freundschaft und schrieb auch Texte für ihn. Die deutsche Sopranistin Lilli Lehmann führte internationale Werke von Bungert auf, sogar in der Metropolitan Opera in New York. Wann immer man die prächtige Pianomusik über den Dünen in Domburg hörte, spielte Bungert auf der Terrasse der Villa.

Der Tod ihres Töchterchens nagte an ihr. Sie begann die naiven Sätze ihres Kindes in Verse umzudichten und die rumänischen Volkslieder, welche man an deren Wiege gesummt hatte, ins deutsche zu übersetzen. All diese Texte sind beherrscht von Melancholie und Schwermut. Ein Beispiel:

Wie oft, leider, schaue ich auf deine geschlossenen Tür
Wie oft sage ich mir: gleich geht sie auf und so wie früher
werde ich mein rosig Kindchen sehen,
das mit kleinen Sprüngen, tanzend zu mir kommt!

Selbst wenn es nur ein Geist wäre, ein flüchtiger Schatten
der mich spottend herausfordern würde,
Wie sehr, mein geliebter Engel, würde mein noch immer
blutendes und trauriges Herz
durch dein Bild arg zugerichtet werden.

Dann begann der Krieg. Carol I kämpfte zusammen mit Russland gegen die Türken im Feldzug von 1877 - 1878. Es war ein blutiger Krieg. Elisabeth entpuppte sich als wahre "Florence Nightingale" und versorgte die Verwundeten in einem Hospital, welches sie auf eigene Kosten bauen ließ. Den Verwundeten ihres eigenen Landes, sowie den gefangen genommenen Feinden, sprach sie Mut zu, während sie operiert wurden. Die Offiziersfrauen und die rumänischen Soldaten ließen aus Dankbarkeit ein Standbild von ihr auf einem Platz in Bukarest errichten. Es zeigt eine Frau, die verwundeten Soldaten zu trinken gibt. Seit dieser Zeit wird sie auch die "Mutter der Verwundeten" genannt.
Elisabeth am Schreibtisch sitzend

Am anstrengendsten war für sie das Leben in Bukarest, dieser lebenslustigen Stadt mit brausendem Nachtleben. Offizielle Festabende, denen sie beiwohnen mussten, begannen häufig erst um Mitternacht. Als Königspaar standen beide unter immensem öffentlichen Druck.
Karl starb 1914 wenige Wochen nach Ausbruch des 1. Weltkriegs. Elisabeth lebte noch zwei Jahre im Schatten der großen Vergangenheit bevor sie im Februar 1916 ebenfalls starb.

Viele der Werke Carmen Sylvas sind erhalten geblieben und Sammler zahlen hohe Preise für alte Ausgaben. 1994 bewies die 73jährige Hildegard Emilie Schmitz aus Koblenz in ihrer Doktorarbeit, dass Carmen Sylva auf einem bisher unbekanntem Gebiet große Bedeutung erlangte, nämlich dem der rumänischen Musikkultur und der synergetischen Wirkung mit Westeuropa. Carmen Sylva war ein vielseitiger Mensch. Sie unternahm alles Mögliche und publizierte ungefähr fünfzig Bücher von denen zwanzig Gedichtbände sind.

Weihnachtsgirlande
zurück zur Startseite Kalender 2006