Clip

Wie es zum Film „Gherdeal“ kam


von Thomas Beckmann

(mit Fotos von Hans-Ulrich Schwerendt und Thomas Beckmann)
Wegweiser
Der Wegweiser nach Gherdeal im Jahre 2004
Im Jahre 2000 war ich das ers­te Mal in Ru­mä­nien. Aus rei­ner Neu­gier­de ha­be ich ei­nen Freund mit ei­nem Hilfs­trans­port be­glei­tet. Nach ei­ner Ta­ges­rei­se durch das Land zwi­schen Kar­pa­ten und Schwar­zem Meer war ich fas­zi­niert. Fas­zi­niert von der Ur­sprüng­lich­keit, der Ein­fach­heit und vor al­lem von der Herz­lich­keit der Men­schen. Schließ­lich ka­men wir im Kin­der­heim in Cin­cu (Groß­schenk/Sie­ben­bür­gen) im Her­zen Ru­mä­niens an, um un­se­re wert­vol­le Fracht wie Geld­spen­den und Me­di­ka­men­te zu über­brin­gen. In die­ser Wo­che hat­ten wir auch die Ge­le­gen­heit, die Um­ge­bung et­was nä­her zu er­kun­den. So kam es, dass wir an ei­ner Weg­ga­be­lung hiel­ten, an der ein al­ter, ver­ros­te­ter Weg­wei­ser stand, auf dem „Gher­deal“ zu le­sen war. Nach ei­ner hal­ben Stun­de Fahrt über Stock und Stein lag es in ei­nem Tal­kes­sel vor uns: das Dorf Gher­deal (auf deutsch „Gür­teln“, wie ich spä­ter er­fuhr).
Auto und Straßenschild
Der Weg nach Gherdeal im Jahre 2008, die Straßenschilder sind neu
Dorfansichten
Dorfansicht aus dem Jahre 2002
Im Ort trafen wir keine Menschen­seele. Es schien aus­ge­stor­ben zu sein. An ei­nem Brun­nen war ein Pferd an­ge­bun­den, ein Vo­gel krächz­te. Lei­der war un­se­re Zeit sehr knapp be­mes­sen und wir muss­ten um­keh­ren. Die Ein­drü­cke gin­gen mir auf der Heim­fahrt im­mer wie­der durch den Kopf. Wer lebt in dem Dorf? Wie ha­ben sich die Men­schen dort or­ga­ni­siert?
Portrait alter Mann
Dorfansicht aus dem Jahre 2002
Im folgenden Jahr fuhr ich wie­der nach Ru­mä­nien. Als ich die Dorf­stra­ße in Gher­deal ent­lang ging, ka­men mir ei­ni­ge Zie­gen ent­ge­gen, ge­folgt von drei, vier Was­ser­büf­feln. Nach ei­ner Wei­le be­geg­ne­te ich ei­nem al­ten Mann, der mich auf deutsch be­grüß­te und gleich durch das Dorf führ­te. Sein Re­de­schwall war über­wäl­ti­gend. Er zeig­te mir die Kir­che, die Schu­le, die mitt­ler­wei­le zu­sam­men­fällt, das Pfarr­haus usw. Ich war be­geis­tert und be­schloss, über die­sen Mann und „sein“ Dorf ei­nen Film zu machen.
Menschen
Das Filmteam: Martin Nudow, Martin Kanzow und Thomas Beckmann
In Martin Nudow fand ich ei­nen en­thu­sias­ti­schen Mit­strei­ter, der wie ich gro­ßes In­te­res­se an Ost­eu­ro­pa hegt. Ge­mein­sam ent­wi­ckel­ten wir ei­ne Pro­jekt­skiz­ze und fuh­ren im Ju­li 2002 zur Re­cher­che nach Sie­ben­bür­gen. Wir wa­ren bei­de Feu­er und Flam­me und woll­ten bald­mög­lichst mit Dre­hen be­gin­nen. Nur eins war noch of­fen: die Fi­nan­zie­rung. Ich woll­te un­be­dingt im Herbst dre­hen, da das Licht und die Land­schaft in die­ser Jah­res­zeit be­son­de­re Rei­ze ha­ben und zur Stim­mung des Films we­sent­lich bei­tra­gen soll­ten. Al­so räum­te ich mein Kon­to, wir mie­te­ten ei­ne Ka­me­ra­aus­rüs­tung und un­ser Team fuhr qua­si „eh­ren­amt­lich“ mit, da­run­ter auch der ru­mä­nie­ner­prob­te Hans-Ulrich Schwe­rendt, den ich da­mals in Chem­nitz ken­nen­ge­lernt ha­be.
Ortsausgangsschild
Das Ortsausgangsschild im Jahre 2004
Nach zwei Wochen überwäl­ti­gen­der Ein­drü­cke und Er­fah­run­gen ka­men wir mit 20 Stun­den Vi­deo­ma­te­rial zu­rück. Die Schnitt­pha­se dau­er­te fast ein Jahr. 2003 war er end­lich fer­tig, un­ser ers­ter lan­ger Do­ku­men­tar­film: „Gher­deal“. Mit dem Film ha­be ich mich dann an der Film­hoch­schu­le in Mün­chen be­wor­ben, um Do­ku­men­tar­film zu stu­die­ren. Es ge­lang und ich konn­te mein Stu­dium be­gin­nen. Auch Mar­tin Nu­dow wur­de auf­ge­nom­men. Ru­mä­nien ließ uns nicht mehr los, im Jah­re 2006 dreh­ten wir ei­nen neu­en Film mit dem Titel „O Ca­să Apar­te – Ein apar­tes Haus“, aber da­zu viel­leicht beim nächs­ten Mal mehr...
Ortsausgangsschild
Weitere Infos zum Dorf und zum Film:
www.smenafilm.de
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