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Transsilvanien – La revedere!


von Nadja Bose

Wanderin mit Stock
„Was? Nach Rumänien willst du in den Ur­laub?“ Auf Un­ver­ständ­nis stieß ich oft, wenn ich von mei­nen Rei­se­plä­nen be­rich­te­te. Um­so über­rasch­ter war ich, dass ich doch auf so ei­ni­ge Leu­te traf, die selbst schon ein­mal da wa­ren. Ih­re Au­gen be­ka­men ein Leuch­ten und sie er­zähl­ten von der wun­der­schö­nen Land­schaft und der Of­fen­heit der Men­schen. Es hat­te den An­schein, es gibt Ge­schich­ten, die dir nur in Ru­mä­nien pas­sie­ren kön­nen.
„Reisen veredelt den Geist und räumt mit Vor­ur­tei­len auf.“ Ich ent­deck­te das Os­car Wilde Zi­tat im Board­ma­ga­zin des Flie­gers nach Bu­ka­rest. Zwölf Ta­ge Ent­de­ckungs­tour la­gen im Sep­tem­ber vor mei­nem Rei­se­be­glei­ter Ti­no und mir. Ins be­schau­lich net­te Bra­sov, das wun­der­schö­ne Si­ghi­soa­ra, das ei­ner Film­ku­lis­se glich, und ins auf uns et­was trist wir­ken­de Si­biu führ­te uns un­se­re Rei­se durch Trans­syl­va­nien.
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Der rückblickende Höhe­punkt un­se­rer Rei­se be­gann in Bra­sov. Dort kam die ge­schäfts­tüch­ti­ge Dia­na aus dem Rol­ling Stone Hos­tel doch noch mit uns ins Ge­schäft, ob­wohl wir ih­ren Aus­flugs­ver­kaufs­an­ge­bo­ten bis­her stand­hal­ten konn­ten. Doch mit erst zwei Ta­gen Ru­mä­nien­er­fah­rung und ei­ner Por­tion Skep­sis den öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln und den We­gen und Be­ge­ben­hei­ten au­ßer­halb der städ­ti­schen Pfa­de ge­gen­über, nah­men wir ihr über­teu­er­tes An­ge­bot an, uns am nächs­ten Tag vom Fah­rer des Hos­tels nach Po­ia­na Ma­ru­lui fah­ren zu las­sen.
Berglandschaft
Berglandschaft
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Dort trafen wir uns mit Oli, ei­nem Thü­rin­ger, der seit sechs Jah­ren in den trans­sil­va­ni­schen Ber­gen wohnt. Zu­nächst ging es mit sei­nem Ze­bra­klein­bus durchs Tal zum Park­platz sei­nes Jeeps und dann mit All­rad­an­trieb den Berg hi­nauf. Als Kind des Neu­bau­ge­bie­tes und jet­zi­ger Groß­stadt­be­woh­ner ent­de­cke ich erst in letz­ter Zeit ei­nen Sinn für die Schön­heit der Na­tur in mir. Hier gab es ei­ni­ges zu ent­de­cken. Oben an­ge­kom­men kit­zel­te mir ein Ge­fühl von An­mut den Bauch. Mir war klar, dass ich hier de­fi­ni­tiv an ei­nem der schöns­ten Or­te der Welt war, ein Ort, an dem man an­kom­men kann. Die nächs­ten drei Tage stand ich oft ein­fach nur so da, schau­te und schau­te und schau­te und es gab im­mer wie­der et­was zu ent­de­cken, sei­en es die Wol­ken über dem Bu­cegi- oder dem Kö­nigs­stein-Ge­bir­ge, die Wäl­der, die Bau­ern beim Ar­bei­ten auf dem Feld, auch wenn ich sie nur als klei­ne Amei­sen sah. Die Zeit ver­ging da oben in 900 Me­ter Hö­he im Flu­ge mit Pil­ze sam­meln („su­chen“ wä­re das fal­sche Wort), Pflau­men­ern­te, See­le bau­meln las­sen, Stau­nen und Tui­ca trin­ken bei Gip­sy-Mu­sik am La­ger­feuer.
Grill
Feuer
Beeindruckend war auch unsere Un­ter­kunft, ei­ne Zeit­rei­se. In dem ca. 100 Jah­re al­ten Haus hat­te sich fühl­bar nicht viel ge­än­dert. Wann hat man schon ein­mal die Ge­le­gen­heit in ei­nem Mu­se­um zu über­nach­ten?
Küchenofen
Kräuter
Haus
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Doch wir wollten noch mehr ent­de­cken und muss­ten Dra­cu­las Ruf wei­ter fol­gen und die­ses schö­ne Fleck­chen Er­de lei­der wie­der ver­las­sen. Es war Zeit für un­se­ren Ab­stieg, zu­rück in die Zi­vi­li­sa­tion. Und da war sie wie­der, die Angst vor den Hun­den. Schon zu Hau­se wur­de mir in meh­re­ren Ge­schich­ten die Angst vor Bä­ren ge­nom­men und ge­gen ei­ne Angst vor (Schä­fer-) Hun­den aus­ge­tauscht. Am La­ger­feu­er hat­te Oli uns er­zählt, dass letz­tes Jahr ein ho­hes ja­pa­ni­sches Tier an den Fol­gen ei­ner Stra­ßen­hund­at­ta­cke in Bu­ka­rest ver­starb, die Ge­schich­te wirk­te ein we­nig nach. Wir schnapp­ten uns al­so un­se­re Knüp­pel, die wir schon beim Pilz­aus­flug da­bei hat­ten, ob­wohl der Wald uns vor­her als si­cher ver­si­chert wur­de, aber man weiß ja nie. Aber nun wür­den wir in ca. drei Ki­lo­me­ter Ent­fer­nung an ei­nem Schä­fer­haus vor­bei lau­fen müs­sen. Cu­tu-Cu­tu, der ver­rück­te Hof­hund, der uns be­glei­te­te, zuck­te auch et­was zu­sam­men, als die bö­sen Vie­cher uns plötz­lich auf der Stra­ße an­kläff­ten. Wir fuch­tel­ten mit un­se­ren Stö­cken he­rum wie wir es zu­vor ge­übt hat­ten. Ir­gend­wann rief ein Kind die Bes­tien zu­rück ans Haus und wir über­leb­ten un­se­re Hun­de­feu­er­tau­fe. An­ge­kom­men auf der nächst grö­ße­ren Stra­ße such­ten wir das nächs­te ru­mä­ni­sche Aben­teuer: Tram­pen. Tol­le Ge­schich­ten wur­den mir über die­se lo­kal ver­brei­te­te Art der Fort­be­we­gung er­zählt. Es dau­er­te in der Tat nicht lan­ge, bis je­mand be­reit­wil­lig an­hielt. Wir konn­ten uns gar nicht rich­tig von un­se­rem hun­di­schen Be­glei­ter ver­ab­schie­den und ver­ga­ßen so­gar kurz un­se­re Sor­ge, dass er den Weg nach Hau­se nicht mehr fin­den würde.
Hund
Unser Fahrer war allerdings wohl ei­ner von der grim­mi­gen Sor­te. Es gab kei­ne Ein­la­dung zum Bier­trin­ken, wie ich es in Ge­schich­ten hör­te, son­dern so­bald wir das Orts­ein­gangs­schild von Zar­nesti er­reich­ten, wur­den wir auch schon zum Aus­stei­gen ge­be­ten. Wa­rum Zar­nesti im Rei­se­füh­rer er­wähnt wird, er­schloss sich mir nicht, ab­ge­se­hen von den Ber­gen drum­he­rum viel­leicht. Wir wa­ren froh, den Bahn­hof schnell ge­fun­den zu ha­ben und im Zug zur Wei­ter­fahrt zu sitzen.
Bukarest, Brasov, inmit­ten vom ber­gi­schen Nichts, Si­ghi­so­ara, Si­biu... ei­ne Frage, die ich mir wäh­rend der zwölf Tage Ru­mä­nien­rei­se im­mer wie­der stell­te war: Ist das das rich­ti­ge Ru­mä­nien?
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War Rumänien der Milch­au­to­mat auf dem Markt? Die vie­len Se­cond Hand Ge­schäf­te mit jah­re­al­ten Kla­mot­ten, in de­nen die Leu­te neu­e Klei­dung für sich fin­den? Ist Ru­mä­ni­en die Omi mit dem Bu­ckel, Kopf­tuch und Han­dy am Ohr? Ist Ru­mä­ni­en der Mö­bel­trans­port per Pfer­de­kar­ren? Ist Ru­mä­ni­en die Da­men, die sich beim In­gang­set­zen des Zu­ges be­kreu­zi­gen? Ist Ru­mä­ni­en in den aus­ge­gli­che­nen Ge­sich­tern der Men­schen, die ich ge­se­hen ha­be?
Ich wurde nicht aus­ge­raubt. Ich be­kam kei­nen Durch­fall und nur ein­mal ge­riet ich an ei­ne Toi­let­te, die ich lie­ber doch nicht be­nut­zen woll­te. Dra­cu­la traf ich nicht, da­für hör­te ich vom Fle­der­maus­hund bei Voll­mond.
Abschließend bleibt der Ge­dan­ke, an der Ober­flä­che der Mög­lich­kei­ten, die die­ses gro­ße, schö­ne Land sei­nen Be­su­chern bie­tet, ge­kratzt zu ha­ben. Und wenn mich je­mand fragt: ja, ich will wie­der kom­men. Ich glau­be, mei­ne Au­gen leuch­ten jetzt auch, wenn ich an Ru­mä­ni­en denke.
Berglandschaft
Berglandschaft
Wer diesen wunderschönen Ort auch ein­mal be­su­chen möch­te, scheut sich nicht Oli zu kon­tak­tie­ren. Telefon: (0040)755563401, mail: gullizero@yahoo.de
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Und nun noch einige Impres­sio­nen der Um­ge­bung des Fe­rien­hau­ses oh­ne Worte.
Berglandschaft
Berglandschaft
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Berglandschaft
Berglandschaft
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