Wer nie geht, kehrt nie heim…


… einen Sommer lang in Sieben­bürgen


von Wolfgang Post

gemalter Zweig
gemalte Blume
gemalter Schneemann
gemalte blume
gemalter Zweig
Sieben­bürgen gleicht land­schaftlich einer Festung in Rumänien, die bis heute durch die Karpaten geschützt ist. Die Menschen zeichnen sich durch ethnische Vielfalt aus Die von den Sieben­bürger Sachsen errichteten Wehr- und Kirchen­burgen zählen heute teilweise zu dem UNESCU-Weltkul­turerbe.
Die Motzen (rumänische Bevölkerung der sieben­bürgischen West­karpaten) haben diese Landschaft geschont, so wie sie jedes Fleckchen Erde, auf dem seltene Blumen wachsen, schonen. Nach einer alten Über­lieferung ist eine solche Stelle "ein Garten der Schönen", also der Feen, und wehe dem, der ihn betritt!
gemaltes Haus
Der Sommer meinte es auch in meiner Heimat­stadt Herborn gut – doch die Ferne rief. Am Sonntag dem 18. August 2013 war der alte schweizer Rucksack gepackt, natürlich wieder viel zu schwer bei den warmen Tempe­raturen. Ab 17 Uhr fuhr der Bus von Frankfurt/Main bis nach Mediasch in Siebenbürgen /Rumänien.
gemalter Bus
Mein Freund Michael liebt nicht gerade die langen aber manchmal doch so interes­santen Bus­fahrten und flog schnur­stracks von Frankfurt nach Hermann­stadt/Sibiu und dann per Taxi nach Mediasch, wo wir uns andern­tags vor dem Schuller­haus trafen. Bei dem lauen Abend hatten noch viele Gast­stätten geöffnet und wir genossen den sieben­bürgischen Abend bei gutem Bier. In Lasseln/Laslea begeg­neten wir den ersten Pferde­fuhrwerken und kamen alsbald nach Malmkrog/Malincrav.
In Malmkrog hatten wir bei einer Oma Familien­anschluß, die es sehr gut mit uns meinte. Sobald sich einer von uns blicken ließ, kam gleich die Auf­forderung zum Essen… Von vorange­gangenen Reisen war mir der ange­nehme Ort gut vertraut.
Gänse
Menschen sitzen vor einem Haus
Wiederum konnte ich mit heimischen Jägern zur Jagd gehen und nicht nur Tiere beo­bachten. Wir waren über­rascht über den Anblick einer jungen Wild­katze, die gerade auf Mäuse­fang war. Zünftig und ur­gemütlich wurde im Kreis der Jäger gefrüh­stückt und am Abend waid­männisch gefeiert.
gemalter Hut
Leider war der kleine Ort Malmkrog nicht nach dem Geschmack von Michael und wir wanderten am Donnerstag den 22. August hinaus über Felder und durch den Wald bis nach Jakobsdorf/Jacobeni und atmeten die Luft Sieben­bürgens. In Jakobs­dorf, wo anscheinend nur noch Roma wohnen, ist es jedes Mal ein Erlebnis, vom Turm der Wehr­kirche auf den Ort und ins Land zu schauen.
Blick vom Turm auf ein Dorf
Kirchenburg
Über Agnetheln/Agnita erreichten wir gerade noch recht­zeitig vor dem ein­setzenden Gewitter den Ort Meschen/Mosna, wo wir im Pfarr­haus nächtigten.
Neben dem Pfarr­haus befindet sich ein Kinder­heim, welches von den Dillen­burgern Heinz und Petra Gräbe betreut wird. Das Waisen­kind Florin freute sich sehr, als ich ihm schöne Grüße von seinem Zieh­vater Ralf aus Dillen­burg be­stellte. Gerne stellten sich die Kinder auf dem Hof zu einem Gruppen­foto zusammen.
Gruppenbild
Anderntags wanderten wir über den Ort Almen, trafen Köhler und Hirten bei ihrem Tagewerk und gelangten über Leschkirch/Nocrich nach Holzmengen/Hosman. Leider fanden wir hier nach der langen Wanderung kein Quartier, aber wir hatten Glück und man fuhr uns zum Biohaus in das kleine Bergnest Johannisberg/Nucet.
gemalter Schneemann
Von hier war es nicht weit bis nach Roth­berg/Rosia, wo wir den Pfarrer Eginald Schlattner besuchten. Durch Film, Fernsehen (s. die TV-Sendung vom 4.7.2013 „Teurer Freikauf“) und Veröffent­lichung von Büchern hat er sich einen Namen gemacht. Als einer der wenigen Sachsen verblieb er im Ort und predigt notfalls auch ohne Kirchen­besucher in der kleinen, schmucken Kirche. Auch für uns hatte er eine kurze Predigt mit nachdenk­lichen Worten parat. Seine Worte „… den letzten Schritt bestimmen wir nicht, wohl aber den vor­letzten …“ ver­gessen wir so schnell nicht!
Eginald Schlattner
Auf den Feldern sah man die Bauern bei der Kartoffel­ernte und ver­einzelt Störche, die aber alle­samt ihre nächste Reise in Richtung Afrika planten. Ab Thalheim/Daja war es nur noch ein Katzen­sprung bis nach Hermann­stadt/Sibiu
gemalte Blume
gemalte Blume
gemalte Blume
gemalte Blume
Mädchen mit Masken
Feuerspiele
gemalter Schneemann
Am Sonntag den 25. August trennten sich nach einem Pott Kaffe und einem Zuika und dem Besuch des deutschen Gottes­dienstes die Wege von Michael und mir. Wie geplant flog Michael nach einer Woche Aufenthalt in Sieben­bürgen wieder nach Hause.
Wolfgang Post
Was mich betraf, so ging die Wander­fahrt nun richtig los. Mit dem Bus fuhr ich nach Karlsburg/Alba Julia. Besucher­magnet ist die alte Festung aus der Habs­burger Zeit. Der Her­borner Stadt­archivar hatte von meiner Fahrt nach Rumänien Wind bekommen. Er bat mich vorab, doch einmal nachzu­forschen, ob Hinweise auf ein refor­miertes Collegium wie das in Herborn vorhanden wären. Und das mit Sicherheit – doch leider stand ich vor einem militärisch abge­sperrten Gelände und mußte unver­richteter Dinge weiter ziehen…
gemalter Bus
…weiter ziehen – na klar – am nächsten Tag in das Land der Motzen – genauer gesagt ins Trascau­gebirge.
gemalter Zweig
gemaltes Haus
gemalter Zweig
Die West­karpaten, die auch als Motzen­land bekannt sind, bieten bezau­berndes Dorf­leben. Die Dörfer beein­drucken durch die alter­tümliche einfache Bauern­architektur und durch ihre Bräuche. Die hoch auf den Bergen zer­streuten Häuser, von denen manche noch über kein elek­trisches Licht verfügen, scheinen wie aus einem alten Märchen­buch zu stammen.
Motzenhaus
gemalte Blume
Motzenhaus
Am 26. August wanderte ich ab der Bushalte­stelle Ampoita vom Süden kreuz und quer in nördlicher Richtung. Eine karstige Felsen­gruppe bildete eine eindrucks­volle Kulisse. Am Anfang gab es noch einen mit einem gelben Kreuz markierten Wander­weg, dessen Kenn­zeichnung zusehends schlechter wurde. Ich kam vom Weg ab, geriet in ein Gewitter und war froh, einen alten Stall als Not­unterkunft zu finden. Hier zeigte es sich, wie wertvoll doch eine Isomatte als Unterlage zum Schlafen ist. Wozu ein Regen gut sein kann: das am Dach herab­laufende Wasser füllte meine Trink­flasche.
gemalter Schneemann
Blick vom Turm auf ein Dorf
Kirchenburg
Am land­schaftlich reizvoll gelegenen Ighiel­see, den ich noch von der Wanderung aus dem Jahr 2007 kannte, nahm ich dann ein er­frischendes Morgenbad.
See
gemalte Blume
Berg
Auch im Land der Motzen hat sich die Lebens­weise geändert: aufgrund der Land­flucht verfallen die Motzen­häuser und –scheunen, da die jungen Leute in die Stadt ziehen. Das Leben auf dem Land bzw. hier im Gebirge ist nicht einfach. Die Bauern­kultur mit den alter­erbten Sitten und Ge­bräuchen scheint wie in Deutsch­land auszu­sterben. Die Hirten werden immer weniger, daher sind die Wege auf die Almen nicht mehr so benutzt und dann bekommt man Schwierig­keiten, die richtigen Wege zu finden, geschweige denn Menschen anzu­treffen, die man nach dem Weg fragen kann...
Laden mit Menschen
Das Problem kenne ich von meinen Wande­rungen durch Südtirol. Die kleinen Dörfer verein­samen, werden zu Wochenend­häusern um­gestaltet und die Gemein­schaft mit der Selbstver­sorgung geht verloren! Hier in Rumänien waren mehrere Gemischt­warenläden (Magazin mixt) ge­schlossen, doch half die Be­völkerung bereit­willig mit Brot, Käse und Tomaten aus.
gemalter Zweig
gemalter Zweig
Staunend begutachtete ich so manches namenlose Naturdenkmal wie zum Beispiel eine Felsen­brücke in der Intregalde­schlucht bei Modo­lesti. Selbst der nach Deutsch­land ausge­wanderte Sieben­bürger Sachse Hans, der nun ein Ferien­haus in Intregalde sein Eigen nannte, hatte hiervon noch nie etwas gehört und war nach der steilen Kraxelei einfach vom Anblick begeistert.
Felsbrücke
Während einer Regen­periode hatte ich Glück bei einem Magazin mixt. Ein Junge kam auf mich zu und bat mich, doch mit zu seinem Vater zu kommen. Aufgrund seiner eindring­lichen Bitte folgte ich und war mehr als über­rascht, als vom Haus eine Deutschland­fahne wehte. Wieder mal Grund zum Feiern, Trinken und Essen; so kann man nämlich bestens dem Regen trotzen. Und ich litt keine Not meinen Promille­spiegel mit dem Pflaumen­schnaps „zuika“ aufrecht zu erhalten.
gemalter Schneemann
Intregalde – Mogos – Valea Barii – Bradesti – Kloster Rimet – Rimetschlucht – Valea Fagetului – Kloster Sub Piatra – Satschiua/Salciua – Posaga.
Nach dem Regen waren die Wege matschig, durch die Streu­siedlung Valea Uzei blieb die Wanderung eine Rutsch­partie im nassen Gras. Eine Durch­querung der interes­santen Rimet­schlucht ließ ich wegen des Hoch­wassers leider aus­fallen.
Mann sitzt auf einer Wiese
Ansonsten über­nachtete ich mit Vorliebe in den Motzen­scheunen. Einmal passierte es, dass in einer unter­teilten Motzen­scheune, die auch einen Kuhstall hatte, eine Kuh mit Kalb unter­gestellt war. Anfangs hatte ich das nicht bemerkt, doch in der Nacht hörte ich die Bewe­gungen der Wieder­käuer.
Kuh vor Bergen
gemalte Kuh
Das störte mich nicht weiter, was mich aber sehr störte war die Tatsache, dass­ früh­morgens die Bäuerin die kleine Tür zum Heulager aufstieß und über meine Gegenwart er­schrocken davonlief. Nun war ich wach und genoß den Morgen­nebel, der sich wild be­schaulich über die Rimet­schlucht gelegt hatte.
Tal mit Nebel
Berglandschaft
Gerne über­nachtete ich auch in den Klöstern, wo ich nicht nur meine Wäsche auf Vorder­mann bringen konnte, sondern auch gut be­köstigt wurde. Während der Morgen- bzw. Abend­andachten in den Kloster­kirchen dankten die Sinne dem Schöpfer für diese grandiose Land­schaft und die besinn­liche Stille.
gemalte Blume
gemalte Blume
gemalte Blume
gemalte Blume
Kloster vor Berglandschaft
Anfang September waren die Bauern emsig bei der der Heu­arbeit anzutreffen. So auch die Familie um den Förster Cornel Alba aus dem Höhen­dorf Fage­tului. Die ganze Familie half mit die hier so typischen Heu­haufen („Claie de fin“) zu errichten.
Heuernte
Heuernte
Heuernte
Heuernte
Heuernte
Heuernte
Freudig überrascht war ich, als sich andern­tags die hübschen Töchter Florina und Irina fein­gemacht hatten und sich bereit­willig in der landes­üblichen Motzen­tracht foto­grafieren ließen. Wir hatten viel Spaß bei dieser Aktion und ich denke noch gerne an die fleißigen Mädchen zurück.
gemalter Zweig
gemalter Zweig
Mädchen mit Trachten
Mädchen mit Trachten
Lustig wird es immer wenn (herren­lose) Hunde ein Stück des Weges mitlaufen. Angenehm wie es im Augen­blick erscheint, endet es meistens dramatisch, da die Hunde ja nicht überall mit­dürfen! Hier am Kloster Posaga blieb ihnen der Zutritt verwehrt und ich sollte sie an­schließend nicht mehr wieder­sehen.
Holzkirche
gemalte Blume
Pferdefuhrwerk
In Posaga nahm mich noch ein Pferde­fuhrwerk mit. Starker Regen setzte ein, so daß ich durch­näßt war. Hier war eine alte Bäuerin wenig freund­lich und ge­stattete mir nicht, meine nassen Klamotten in der Scheune zu trocknen, geschweige denn, daß ich hier hätte über­nachten dürfen. Da nach dem Regen­guß die Sonne wieder ihre wärmenden Strahlen schickte, trocknete ich mich im Freien und be­wunderte die faszi­nierende Bergwelt im bota­nischen Reservat Scarita Beliora.
Berglandschaft
Natürlich fand ich zur Abend­zeit eine zünftige Motzen­scheune, die unter majes­tätisch auf­ragenden spitzen Felsen lag. Die Herbst­zeitlose blühte, Zeichen daß die Nächte im Gebirge schon recht kühl wurden und ich verkroch mich mit meinem leichten Sommer­schlafsack tief im Heu. Über Thorenburg/Turda verließ ich die liebliche Land­schaft und kam in die große Stadt Klausen­burg/Clui.
gemalte Blume
gemalter Schneemann
gemalte Blume
Gegen­sätzlicher konnte das Leben nicht sein: auf der einen Seite das einfache Land­leben im Trascau­gebirge und hier in den großen Städten die moderne Zivi­lisation mit fein ge­kleideten Menschen in den Bistros und Romas auf den Straßen. An der alten Stadt­mauer ließen sich zwei junge Modells foto­grafieren und schenkten dem Wanderer ihr Lächeln.
zwei Mädchen
In Arad erlebte ich das inter­nationale Folklore­fest der Minder­heiten. Als auch die deutsche Trachten­gruppe aus Neuarad mit ihrer banat-schwä­bischen Mundart vorüber­zog, folgte ich dem Umzug und erlebte einen schönen musika­lischen Nach­mittag.
gemalter Hut
Mädchen tanzen mit Trachten
Trachtenhut
Arad bildete meine letzte Station in Rumänien und mit dem Über­landbus fuhr ich der Heimat zu, die ich am Sonntag den 8. September wohlbe­halten erreichte.
gemalter Schneemann
gemaltes Haus
gemalte Blume
gemalter Schneemann
gemalte Blume
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