Fleckerl­teppich


von Katharina Emeneth

Teppich
gemalte Dorflandschaft
Auf der Suche nach Stil­le und Ru­he fin­de ich mich ganz schnell in Sankt­an­na/Sân­ta­na im Haus mei­ner Kind­heit im Ba­nat wie­der. Ich tre­te ein in Räu­me vol­ler woh­li­ger Ge­bor­gen­heit und viel Zeit.
Noch immer an sei­nem Platz der al­te Spar­herd mit den damp­fen­den Töp­fen und dem da­run­ter fla­ckern­den Feu­er. So­lan­ge ich den­ken kann, stand rechts da­von die brau­ne Holz­kis­te, ge­füllt mit ge­spal­te­nem Holz und brau­nen, lee­ren Mais­kol­ben. Zum Ko­chen wa­ren die ganz be­son­ders ge­eig­net, da sie sehr schnell ge­brannt ha­ben.
Vor dem Fenster stand die al­te Sin­ger-Näh­ma­schi­ne, auf der nur mei­ne Mut­ter nä­hen durf­te. Mei­ne Neu­gier­de hat mir ei­nen kräf­ti­gen Na­del­stich durch den Fin­ger­na­gel ein­ge­bracht.
gemalte Stube
Hemd
In den Winter­mo­na­ten ha­be ich ge­mein­sam mit mei­ner Mut­ter, den bei­den Omas und Omas Schwes­ter Sa­li in der Run­de ge­ses­sen und mit ei­ner Sche­re in der Hand Ko­tzâ­fet­zâ (De­cken­fet­zen) ge­schnit­ten. Meis­tens hat man nur den An­fang von zwei Zen­ti­meter brei­ten Strei­fen ein­ge­schnit­ten, um die wei­te­re Län­ge zu schlit­zen.
Stofffetzen
Nach einiger Zeit lag ne­ben je­der von uns ein klei­nes Häuf­lein Bän­der der­sel­ben Far­be. Die­se ha­ben wir An­fangs mit Na­del und Fa­den zu­sam­men ge­näht, was in spä­te­ren Jah­ren mit der Näh­ma­schi­ne ge­steppt wur­de. Aus al­ten Klei­dern, Hem­den, Bett­la­ken oder Schür­zen wur­den grü­ne, brau­ne oder ro­te Knäu­le ge­macht.
Knäul und Nadel
gemalter Tisch und Bett
Mein Bruder Franz und ich hät­ten schon gro­ße Lust ge­habt, mit dies­en far­ben­fro­hen Bäl­len zu spie­len, aber au­ßer sie ein­mal durch den Raum lau­fen zu las­sen, wenn uns kei­ner sah, mehr war nicht drin.
Nicht, dass wir sonst an­de­re Spiel­sa­chen be­ses­sen hät­ten, oh nein. Viel­mehr ha­ben wir die Ge­brauchs­ge­gen­stän­de da­zu ge­macht.
Geschwister
Oder hätte je­mand von euch an­ge­se­hen, dass hier ein Vier­ge­spann ga­lop­pie­rend über den Fuß­bo­den ge­jagt ist? Ein um­ge­stülp­ter Schoa­mâle (Sche­mel) war der Wa­gen, der von Va­tis und Omas Schu­hen ge­zo­gen wur­de. Das je­wei­li­ge Wie­hern und Aus­schla­gen der Pfer­de war von mei­nem Bru­der sehr über­zeu­gend aus­ge­führt. Das auch al­le Pfer­de in die­sel­be Rich­tung ge­zo­gen ha­ben, si­cher­ten die an­ei­nan­der­ge­kno­te­ten Schuh­bänder.
Bett und Schrank
Wurden die Pfer­de nach ei­ni­ger Zeit mü­de, so hat ihr Be­sit­zer Blech­mu­sik ge­macht. Ein ro­ter und ein schwar­zer Topf­de­ckel trom­mel­ten dröh­nend durch die Luft und schie­nen nicht auf­hö­ren zu wol­len. Zwi­schen dem Schrank und dem Bett konn­te ich Glo­cken läu­ten las­sen. An ei­ner dort ge­spann­ten Schnur hing für die­se Zeit der Schöpf­löf­fel und der Schier­ho­kâ (Schür­ha­ken). Durch An­ei­nan­der­sto­ßen brach­ten sie Glo­cken­ge­läut in un­ser Haus, in im­mer neu­en Ton­lagen
gemalte Kerzen und Blumen
Plumpsklo
Nach Jahren des Zu­schau­ens ne­ben der Näh­ma­schi­ne mei­ner Tan­ten, be­kam ich mei­nen ers­ten Näh­auf­trag. Aus Res­ten mei­ner Wahl soll­te ich ei­nen Vor­hang nä­hen. Ich nahm die­se Sa­che sehr ge­nau und ver­such­te aus den schöns­ten klei­nen Qua­dra­ten ge­ra­de Bah­nen zu step­pen. Nach­dem ich zwei Wo­chen im­mer wie­der da­ran ar­bei­te­te und mein Erst­lings­werk end­lich fer­tig war, konn­te ich nicht glau­ben, was ich sah: Hing doch mein Pracht­stück tat­säch­lich im Plumps­klo mei­ner Oma!

Herstellung eines Fle­ckerl­tep­pichs: Im Win­ter ha­ben die Frau­en und Kin­der aus den al­ten, ab­ge­tra­ge­nen Klei­dungs­stü­cken 2 cm brei­te Strei­fen ge­schnit­ten. An­fangs wur­den sie von Hand zu­sam­men­ge­näht, spä­ter mit der al­ten "Sin­ger"-Näh­ma­schi­ne. Da­nach wur­den sie zu ei­nem Knäuel auf­ge­wi­ckelt und wenn man ei­ne ge­wis­se An­zahl Knäuel hat­te, wur­den sie zum We­ber im Dorf ge­bracht. Der hat­te ei­nen Web­stuhl und gro­bes Garn und ver­band un­se­re Stoff­knäuel zu far­ben­fro­hen Strei­fen in ei­nem me­ter­lan­gen Tep­pich. Die­se hat man nach wo­chen­lan­gem War­ten ab­ge­holt und da­heim in sei­ner Stu­be zu pas­sen­den Stü­cken zu­ge­schnit­ten und die En­den selbst ge­säumt. Das wur­de wie­der mit dem ge­macht, was man ge­ra­de da hat­te. So ei­ne Tep­pich­bahn war ca. 70 cm breit.
Damals hatten wir auch für die Stu­be nur den Be­sen zum Aus­keh­ren. So muss­ten wir fast je­den Sams­tag die­se Fle­ckerl­tep­piche raus tra­gen ins Freie und mit mit ei­nem Tep­pich­klop­fer fest aus­klop­fen. Die Mut­ter oder der Va­ter ha­ben fest ge­klopft und die Kin­der muss­ten am an­de­ren En­de ge­strafft die Span­nung hal­ten. Je­des Jahr im Spät­som­mer wur­den sie auch mit der Bürs­te ge­wa­schen und über den Zaun zum Trock­nen ge­hängt.
Wir hatten auch Haus­schu­he für drin­nen. Je­doch muss­te kein Be­such sei­ne Schu­he aus­zie­hen, wenn sie am Abend zur Groß­mut­ter zu Be­such ka­men. Da­für hat man eher ei­nen selbst­ge­fer­tig­ten Schuh­ab­strei­fer vor die Tür ge­legt. Wir Kin­der ha­ben die­sen aus Mais­laub in der Hand­ar­beits­stun­de ge­flochten.
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