Durch die Schränke

von Gudrun Pauksch

Eigentlich werde ich ziemlich oft gefragt, warum ich so rumänienbegeistert bin, was mich an diesem Land so fasziniert und was mich immer und immer wieder dahin zieht.

Es ist die Landschaft, die Natur, es sind die Berge, die Einsamkeit an manchen Stellen, es ist das Handwerk und der marode Charme mancher Städte, aber in allererster Linie liebe ich Rumänien wegen seiner Menschen, die mir offen und neugierig auf der Straße begegnen, die ich in mein Herz schließe und die mich in ihr Herz schließen und nicht nur in ihre Kochtöpfe und in ihr Schränke schauen lassen.

Im Mai 2008 war ich mit Freunden unter der Führung von Karpatenwilli (karpatenwilli.com) im Südwesten Rumäniens unterwegs. Auf dem Plan stand Erkundung der großen und kleinen Geheimnisse der Dörfer am Fuße des Mehedintiigebirges. Während meine Kameraden zu einer großen Wanderung aufbrachen, machte ich mich auf den Weg in das Dörfchen Cirescu.

Gleich am Ortseingang saß Maria und sortierte Holunderblüten.

Natürlich kamen wir schnell ins Gespräch und ehe ich mich versah, saß ich auch schon in der Küche, bekam Kaffee Schnaps und Kuchen serviert. Mit Marias Tochter, einer Lehrerin in Rente unterhielt ich mich über Heilkräuter (so gut es meine mangelhaften Rumänischkenntnisse zuließen) und bald war Gelegenheit, Marias tolle Tracht zu bewundern.

Die beiden Frauen freuten sich über mein Interesse und führten mich in ihre Schatzkammer.

Maria zeigte mir Teppiche, die sie während ihres Lebens gewebt hat und natürlich auch die Trachten, die an unzähligen Winterabenden liebevoll bestickt wurden.
Ich war begeistert und darüber freute sich Maria so, dass alles zieren nichts half und ich überredet wurde in diese oder jene Tracht zu schlüpfen.

Wir beiden Mädels haben wirklich alles aus den Schränken heraus geholt und ich schäme mich noch heute für die Unordnung, die ich in der Schatzkammer hinterlassen habe.

Natürlich tauschten wir noch die Adressen. Maria hatte sich wieder mit der Holunderschürze auf der Bank vor dem Haus gesetzt und schrieb mit großer Sorgfalt in mein Adressbuch.

Ich lief weiter und war nicht weit gekommen, als ich Dionise mit seiner Frau traf. Ich machte ein paar Fotos, die gleich in der Kamera bewundert wurden.
Als ich versprach die Fotos zu schicken, öffnete das mir wiederum die Schranktüren.
Die Schürzen sind gewebt, die Blusen in liebevoller Kleinarbeit und mit viel Geduld bestickt und gehäkelt.
So richtig wirken die Trachten natürlich erst an den stolzen Besitzern!
Ein paar Tage später war ich mit meinen Freunden in Isverna unterwegs. Eigentlich wollten wir nur Brot kaufen, doch als Christian und ich mit den Armen voller Brot zurück kamen, saß der Rest der Gruppe auf dem Hof einer netten Familie, die uns mit Schnaps und Wein und Tee bewirteten. Bald kamen wir auf das Thema Trachten zu sprechen und die Frau des Hauses bot sich an uns einige ihrer Schätze zu zeigen. Ich zierte mich ein wenig und ließ mich dann doch überreden, mit ihr in eine der guten Stuben zur Anprobe zu gehen. Zuerst erhielt ich einen Kopfschmuck. Ich hatte mich schon lange gewundert, wie die der zu manchen Trachten gehörende Kopfputz so schön aufgebauscht wird. Die Frage klärte sich auf völlig unromantische Art. Mir wurde einfach ein Lappen auf dem Kopf zerknüllt und das Tuch kunstvoll drum herum gebunden.
Erstaunlicherweise fand sich in den Schränken der kleinen zierlichen Frau auch eine Tracht die mir passte und ein wenig verlegen aber trotzdem stolz, präsentierten wir uns der im Hof versammelten Gesellschaft.
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