Unsere erste Reise nach Rumänien

von Gerhild Landeck

Abenteuerlustig und völlig unbedarft begeben wir uns im Mai 2007 mit unserem alten T2 auf unsere erste Reise nach Rumänien. Neben einigen Informationen aus dem Internet und diversen guten Tipps einiger "wilder Rumänienfreunde" die wir beim Treffen an der Lütschetalsperre kennengelernt haben, machen wir uns auf den Weg ins Weintal nach Vişeu de Sus.

Um halbwegs entspannt die Strecke zu bewältigen und auch um unser doch schon betagtes Auto etwas zu schonen, legen wir einen Zwischenstopp in Bratislava ein. Mit dem Grundsatz "Männer fragen nicht - Männer fahren" benötigen wir zwar etwas mehr Zeit, finden aber nach einer längeren Stadtrundfahrt doch noch den Campingplatz.

Am zweiten Tag unserer Reise erreichen wir gegen 18.00 Uhr die ungarisch-rumänische Grenze bei Satu Mare. Auf eine längere Wartezeit gefasst - man hat uns bereits vorgewarnt - tuckern wir etwas irritiert am Grenzposten vorbei, der uns mit einem flüchtigen Blick auf die Reisepässe durchwinkt. Da ich im Reiseführer gelesen habe, man solle sich bei der Einreise bereits vorhandene Schäden am Auto bescheinigen lassen, versuchen wir, dem erst besten Grenzbeamten unser Anliegen nahe zu bringen. Und obwohl unser Auto bereits diverse Spuren erster Fahrversuche aller Führerscheinneulinge unserer Familie aufweist, ernten wir nur ein ratloses Schulterzucken.

Mit einer Höchstgeschwindigkeit von max. 40 km/h fahren wir in die Dämmerung, passieren den Huta-Pass und erreichen gegen 22.30 h Vişeu de Sus. Zufällig hat ein kleiner "Magazin Mix" noch geöffnet, und sofort erklären uns mehrere Einwohner gleichzeitig den Weg zum Gästehaus "Talwein", dessen Inhaber Björn Reinhardt uns bereits seit Stunden erwartet. Wer den Weg zu Björn kennt, ahnt vielleicht, dass man als Ortsfremder und in tiefer Finsternis schon über gewisse navigatorische Fähigkeiten verfügen muss, um ohne Zwischenfälle ans Ziel zu gelangen.

Als der Weg sich gabelt, nehmen wir natürlich den falschen Abzweig und landen nach wenigen Metern vor einem Grundstückszaun. Wir sind froh, als wir einen Menschen erblicken, der uns vielleicht weiterhelfen kann und sprechen ihn an. Er aber würdigt uns keines Blickes, und auch, als wir beim Rückwärtsfahren (und auf ihn Rücksicht nehmend) etwas weiter rechts fahren und mit dem Hinterrad in den Wassergraben steuern, verschwindet er völlig unberührt in der Dunkelheit. (Dass es sich um den berühmten "Gagarin" handelte, erfahren wir später durch Björns interessante Dokumentarfilme.)

Nun ist guter Rat teuer. Aber obwohl nicht mal im heimischen Erzgebirge das E-Plus-Netz funktioniert, erreiche ich mit meinem Handy Björn, der sich nun kurz vor Mitternacht bereitwillig in sein Auto setzt, um uns aus unserer Misere zu befreien. Aber leider schafft es sein Toyota-Geländewagen trotz Allradantrieb nicht, unser betagtes Mobil aus dem Graben zu ziehen.

So bleibt uns nichts anderes übrig, als das Notwendigste umzupacken und mit Björns Wagen die letzten wenigen Kilometer bis zum Gästehaus zu fahren.

Etwas mulmig ist mir schon, als ich unseren geliebten "Fetten" so mutterseelenallein vollgepackt in einer fremden Umgebung stehen lassen muss. Aber Björn beruhigt uns und versichert, dass sich gleich am Morgen jemand kümmern und mit dem Pferd das Auto herausziehen wird. Unsere Sorge sei unbegründet, und noch vor wenigen Jahren wäre das Ereignis der Rettung mit einem kleinen Fest und reichlich Tuica gefeiert worden, aber auch hier falle das Zusammengehörigkeitsgefühl so langsam den gesellschaftlichen Veränderungen zum Opfer. Völlig erschöpft fallen wir in die gemütlichen Betten und erleben das erste rumänische Gewitter.

Am nächsten Morgen lacht die Sonne, und als wir noch am Frühstückstisch sitzen, verhandelt Björn bereits mit einem Dorfbewohner, der gerade mit seinem Traktor vorbei getuckert kommt. Björn erzählt uns, dass Peter schon viele Jahre in Deutschland als Hufschmied auf einem großen Gestüt arbeitet und sich den Traktor zum Zeitvertreib gekauft hat. Besucht er sein Heimatdorf, fährt er damit gemütlich durch die Gegend. Das kommt unserem Anliegen natürlich gerade recht. Schon nach kurzer Zeit ist unser Bus wieder flott und Gott sei Dank unverletzt. Wir bedanken uns und wollen ihm diskret einen Geldschein zustecken. Er aber wehrt ab mit den Worten :"Ich brauche euer Geld nicht, ich habe mehr als ihr!" Aber es klingt überhaupt nicht überheblich, sondern es hat ihm einfach Spaß gemacht, uns zu helfen. Da er sehr gut deutsch spricht, schwatzen wir noch eine ganze Weile miteinander.

Wir sind gespannt auf die nächsten Tage und neugierig auf weitere Begegnungen.

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