Text: Thomas Beckmann Video: Thomas Beckmann + Hans-Ulrich Schwerendt
Im Juli dieses Jahres war es endlich wieder soweit: Auf nach Rumänien! Wie wir später feststellen sollten, haben wir uns den heißesten Monat des Jahres ausgesucht, was für die Wandertouren eine zusätzliche Herausforderung darstellte. Aber dazu später mehr. Ich war froh, meinen wandererfahrenen Rumänienfreund Hans an meiner Seite zu haben. Unser Plan war, das für mich bis dato unbekannte Terrain des südlichen Apuşeni-Gebirges zu erschließen. Wir fuhren los und wie so oft in Rumänien kann einem nichts Besseres passieren, als einfach ins Blaue zu fahren und so wunderbare Menschen kennenzulernen. In Oraştie bogen wir ab, Richtung Geoagiu Bai. Das ist ein Touristenkomplex mit Freibad, der im Sommer vorwiegend von Einheimischen frequentiert wird. Die Nacht brach an, ein teures Hotelzimmer kam jedoch nicht in Frage. Wir hatten Zelt und Campingausrüstung dabei, entdeckten dann aber ein Schild mit der Aufschrift „Pensiune Mada Paradiso“. Und so verschlug es uns in das kleine Dorf Mada, das zur Kommune Balşa gehört. Ein steiniger Feldweg führt etwa acht Kilometer durch hügeliges Gelände, bis man ins Dorf gelangt. Es war dunkel, als wir ankamen. Außen am Zaun fiel uns eine Speisekarte mit italienischer Küche auf. Wir läuteten und Franco, der Herr des Hauses, begrüßte uns. Er stammt aus Bozen/Italien, hat eine rumänische Frau geheiratet und schließlich in Mada eine Pension eröffnet. Noch am gleichen Abend konnten wir uns von der Kochkunst seiner Frau Melania und deren Mutter überzeugen. Natürlich italienisch.
Mada erwies sich als günstiger Ausgangspunkt für unsere Wandertouren. Als erstes machten wir uns auf den Weg in die „Cheile Madei“, also die „Schlucht von Mada“. Nur wenige Minuten von unserer Unterkunft entfernt begann das Abenteuer. Der kleine Fluss führte relativ viel Wasser, sodass wir durchs kalte Nass waten mussten. Das war eine willkommene Abkühlung, denn wie ich eingangs erwähnte, stiegen die Temperaturen auf über 30 Grad im Schatten.
Eine kleine Videoimpression aus der Cheile Madei
Nachdem wir knapp einem Gewitter entkommen waren, erreichten wir bei leichtem Regen und glitschigen Wegen eine Höhle im Fels, in der wir uns eine Pause gönnten. Der Unterschlupf wird von Schafhirten mit ihren Herden genutzt und war wohl auch schon vor Lebzeiten Wohn- und Lagerstätte. Wir entdeckten ein kleines unscheinbares Loch in der Höhlenwand, durch das wir in ein riesiges Höhlensystem gelangten. Am Abend dieses erlebnisreichen Tages wurden wir wieder fürstlich bekocht und ließen den Tag in geselliger Runde bei Bier und Schnaps ausklingen.
Die zweite Tour führte uns in die „Cheile Cibului“. Wir fuhren mit dem Auto ins gleichnamige Dorf, wo wir eine deutschstämmige Frau trafen, bei der wir unser Auto unterstellten. Der Weg führte hoch hinaus, die Schlucht lag weit im Tal neben uns. Immer wieder hörten wir das Rauschen des Wassers, dazwischen herrschte himmlische Ruhe. Schließlich kamen wir zu einem kleinen Kloster, dass sich gerade im Bau befindet. Hier ist der Karpatenwilli kein Unbekannter, wie wir im Gespräch mit den Geistlichen feststellten. Eine Gruppe rumänischer Jugendlicher, die beim Bau der Klosteranlage half, zeigte uns den Weg zum Wasser, einem reißenden Strom, der sich durchs Gestein schlängelt. Bei Niedrigwasser kann man hindurchwandern. Wir begnügten uns mit dem spektakulären Anblick dieses Naturschauspiels:
Videoimpression Cheile Cibului
Am dritten Tag stand die Cheile Glodului auf dem Programm. Zunächst fuhren wir nach Ardeu, wo wir eine Weile brauchten, um den Weg zur Schlucht zu finden. Schließlich entdeckten wir eine kleine Straße, an deren Ende wir das Auto abstellten und unsere Wandertour begannen. Die Sonne brannte, wir kamen aus dem Schwitzen kaum heraus, Mücken und Zecken waren unsere ständigen Begleiter. Über Wiesen und kleine Wälder führt der Weg, der teilweise nicht gekennzeichnet war. Wir wanderten eine Weile leicht erhöht neben dem Fluss, bis wir steil hinab stiegen, um direkt ans Wasser zu gelangen. Vor wenigen Tagen muss es ein schlimmes Hochwasser gegeben haben. Unterwegs sahen wir immer wieder angeschwemmte Kleidungsstücke, Hausrat und natürlich jede Menge Plastikflaschen. Wir entschieden uns, die Schlucht zu verlassen und stiegen einen steilen Hang hinauf, an dessen Ende wir eine Höhenwiese erreichten und schließlich einen wunderbaren Ausblick Richtung Ardeu genossen. Auf dem Rückweg machten wir noch unerwartet Bekanntschaft mit zwei Schlangen. Die erste überraschte uns im Wald. Ich wäre beinahe drauf getreten. Die zweite entdeckte Hans am Fluss, als sie sich gerade aus dem Wasser schlängelte. Die Einheimischen meinten, die Schlangen seien nicht giftig. Etwas beunruhigend waren diese Begegnungen schon. Aber wir kamen wohlbehalten zurück nach Mada, wo wir wieder italienisch-rumänisch verwöhnt wurden.