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Auf der Suche nach verbotenen Früchten


Grit Friedrich über Vergangenheit und Zukunft des Labels ETHNOPHONIE.

Mit ein paar Kassetten und Konzerten im Museum des Rumänischen Bauern hat es Anfang der neunziger Jahre angefangen, mittlerweile ist der Katalog das Bukarester Labels ETHNOPHONIE stattlich angewachsen. Die Musikethnologin Speranta Rădulescu ist mit ihren jungen Kollegen, darunter Florin Iordan, der selber eine Band gegründet hat mit „Trei Parale“, durch ganz Rumänien gereist, auf der Suche nach authentischen Musikkulturen und Künstlern, fernab jeglicher Fernsehfolklore.
Kassette
Bis heute weiß im Westen kaum jemand wer den Taraf din Clejani entdeckt hat: Die rumänische Ethnologin Speranţa Rădulescu. Weltberühmt wurde die Kapelle aus dem Dorf Clejani Anfang der neunziger Jahre unter dem Namen „Taraf de Haidouks“ und unter belgischem Management. Aber schon zuvor veranstaltete Speranţa Rădulescu ein Konzert mit den Musikern aus Clejani im Museum des Rumänischen Bauern. Und sie wollte eine Kassette herausbringen, doch es fehlte das Geld. Der damalige MTR-Direktor Horia Bernea spendierte 100 leere Kassetten und Papier, und so entstand die erste Veröffentlichung des Labels ETHNOPHONIE aus Bukarest: Von Anfang an wollte es einen Kontrapunkt setzen in der rumänischen Musiklandschaft, die überschwemmt war mit geschönter, alles andere als authentischer Folklore, erinnert sich Speranţa Rădulescu:
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Wir denken nicht an eine reine Volksmusik, unser Kriterium ist, dass die Musik eine lokale oder regionale Identität ausdrücken muss. Wenn das nicht mehr der Fall sein sollte, dann haben wir auch kein Interesse mehr an dieser Musik, denn wir haben uns vorgenommen, dass unsere Serie traditionelle Musik publiziert. Wir wissen, dass diese Musik verschwindet und darum finden wir nicht mehr so leicht Musiker, die unseren Vorstellungen entsprechen.
Musiker stehen in einem Hof
Foto im Dorf Zece Prajini - von dort stammen viele Blaskapellen.
Das war zu Beginn der neunziger Jahre noch ganz anders und so kamen neben der Fanfare din Zece Prăjini, auch Bauernstimmen oder die Gruppe von Ion Pop aus der Maramureș auf die Kassetten des jungen Labels ETHNOPHONIE. Lebendige Musik aus ganz Rumänien, wie Lieder und Tänze zur Weihnachtszeit aus dem Dorf Hoţeni. Auch das Ensemble von Ion Pop hat Speranţa Rădulescu 1993 in der Maramureș aufgenommen. Die Strigaturi genannten Zwischenrufe sind meist improvisiert und sollen Musikanten und Tänzer anfeuern. Man traf sich für diese Aufnahmen nicht in einem anonymen Studio, sondern in einem Holzhaus, trank Selbstgebrannten und musizierte. Anfangs wurden die ETHNOPHONIE Tonträger nur im „Muzeul Taranului Romăn“, also am Museum des Rumänischen Bauern verkauft. Heute gibt es sie in gut sortierten Buchhandlungen in ganz Rumänien, wie dem Cărturești oder bei Humanitas. Aber auch im Internet. Speranţa Rădulescu ging mit den von ihr entdeckten Musikern auf Tour, vornehmlich in Frankreich oder der Schweiz. Doch Ende der neunziger Jahre brach die Finanzierung des kleinen Labels fast völlig weg. Eine Förderung aus dem EU-Programm Euroart sicherte den Neuanfang am Museum im Jahr 2000. Damals hat sich auch das Profil des Labels erweitert.
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1992 als wir die erste Kassette produziert haben, wollten wir ausschließlich rumänische Musik herausbringen, aber dann wurde uns schnell klar, das dass nicht möglich und auch nicht nötig ist. Besonders überzeugend war die Musik die ich in Siebenbürgen gefunden habe. Dort leben drei verschiedene ethnische Gruppen nebeneinander, die auf die selben Musiker zurückgreifen. Diese Musiker transferieren Musik aus der einen in die andere Sphäre, dem mussten wir Rechnung tragen. Wir haben also auch Musiker anderer Ethnien in den Katalog aufgenommen.
Note
ETHNOPHONIE veröffentlichte seidem auch jüdische Festmusik aus der Region Botoșani, das ist ein Gebiet abgelegen weit im Nordosten Rumäniens. Das Bukarester Label entriss diese Musik dem Vergessen, erinnert sich Florin Iordan, der seit 2003 bei ETHNOPHONIE arbeitet.
Das war eine sehr aufwendige Recherche mit drei Reisen zwischen 2004 und 2006. Wir haben da anfangs mit sehr alten Musikern gearbeitet, die in ihrer Jugend auch auf jüdischen Festen gespielt haben. Dann haben wir verschiedene Stücke aus mehreren Dörfern ausgewählt und ihnen vorgespielt. Sie sollten diese verifizieren. Gemeinsam haben wir versucht ein bestimmtes Bild zu rekonstruieren. Am Ende wurden die Stücke mit einem Taraf aus Botosani aufgenommen.
Speranţa Rădulescu hat neben ihrer Arbeit für ETHNOPHONIE immer wieder rumänische CDs für das Ausland produziert. Ihre Arbeit ist unter Experten international bekannt und auch in Rumänien hat sich das Label etabliert. Mit einem nicht sehr großen aber erlesenen Katalog.
Den Schwerpunkt bildet Musik von Taraf genannten kleinen Kapellen aus dem ganzen Land. Eine bewusste Entscheidung. Und ein Glücksfall, denn sonst hätten Vasile Soporan und der Taraf von Emil Mihaiu nie zusammen Musik aufnehmen können. Musiker wie der Geiger Emil Mihaiu und der Sänger Vasile Soporan aus Siebenbürgen wurden in den Medien nie in dem Maße gewürdigt, wie sie es verdient hätten findet Speranţa Rădulescu.
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Ich habe in ganz Rumänien keine einzige staatliche Institution gefunden, die sich in irgendeiner Weise um die traditionellen Tarafs kümmert. Natürlich geben sie Geld für Folkloreensembles aus, aber die wirklichen Bewahrer und Übermittler der lokalen Musiktraditionen zu unterstützen kommt ihnen nicht in den Sinn. Das ist etwas fast Unvorstellbares. Und das wird sich auch nicht ändern, wenn ich mir ansehe wie tief diese Menschen in der Vergangenheit stecken.
Die meisten Redakteure beim rumänischen Rundfunk oder Fernsehen, aber auch staatliche Kulturarbeiter haben bis heute keinen Zugang zur Musik der Tarafs gefunden: die Musikethnologin Speranţa Rădulescu hat dafür eine plausible Erklärung.
Der Mehrheit der Rumänen hat man 50 Jahre lang mit Vehemenz beigebracht, dass die authentische Folklore das ist, was im Radio und im Fernsehen läuft. Denn das sei viel Hübscher als das was man auf dem Land höre. Jene Musik sei hässlich, grob und repräsentiere uns nur rudimentär. Wir müssten uns der Welt aber auch uns selbst als zivilisierte Menschen präsentieren, die wissen was Harmonie ist, wie ein Orchester funktioniert und wie man gut auf einem Instrument spielt. Wenn man den Menschen jahrzehntelang sagt, das dass die Wahrheit ist, wie kann man dann davon ausgehen, dass eine kleine Serie von CDs etwas an dem Bild ändert, das ein nationalkommunistisches Regime 40-50 Jahre aufgebaut hat. Das ist nicht so einfach.
Instrument
Trotzdem regen Speranţa Rădulescu und ihre Kollegen die Leute zum Umdenken an. Und sie wird gehört, zumindest unter Intellektuellen, Studenten und sogar Schülern. Vor allem dieses junge urbane Publikum und Touristen aus dem Ausland kaufen die ETHNOPHONIE CDs. Sie kommen zu Konzerten ins Museum des rumänischen Bauern, wo es seit einigen Jahren einen Club gibt. Dort läuft alternativer Rock, Folk aber genauso Musik wie Tänze aus Chioar, einer kleinen Region in Nordsiebenbürgen: Eine neuere CD auf dem Label ETHNOPHONIE heißt: Dance Music From Old Time Chioar. Sie stellt Tänze aus einer kleinen Region in Nordsiebenbürgen vor, wo sich die Bezirke Maramures, Baia Mare und Salaj treffen. Der Klang erinnert ein wenig an zentralsiebenbürgische Streichermusik, aber er hat eine lokale Färbung. Das Trio von Gheorghe Negrea rekrutiert sich aus einer Familie. Zwei Brüder und ein Sohn spielen Geige, Bratsche und Kontrabass, erzählt Florin Iordan.
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1994 waren wir das erste Mal dort, und 2010 kehrten wir zurück, um zu sehen wie sich die Musik entwickelt hat. In der Zwischenzeit hat unser Musiker seine Aktivitäten fast eingestellt, er spielt nur noch sehr selten auf Hochzeiten. Sein Sohn, der bei den Aufnahmen erst 14 Jahre alt war und ein sehr guter Bratschist, ist jetzt ein Maneleinterpret, denn diese Musik ist heute sehr gefragt. Der dritte Musiker ist inzwischen verstorben.
Musiker spielt auf einer Bank Geige
Der Geiger und Geschichtenerzähler Gheorghe Negrea, genannt Ghita.
Speranţa Rădulescu fügt hinzu: Ghiţa Negrea, der auch die Hauptfigur dieser Formation ist, hat sich als ein bewundernswerter Erzähler erwiesen. Er hat mir in einem wunderbaren Rumänisch sein ganzes Leben erzählt, von seiner Kindheit bis heute. Und mit seiner Lebensgeschichte habe ich von ihm auch die Geschichte und Transformation der lokalen Kapelle erfahren dürfen. Von der Musik die man auf dieser CD hören kann bis zu den Manele-Liedern seines Sohnes. Ich habe das transkribiert und ein Auszug daraus steht im Booklet. Das ist die schönste Geschichte, die ich je in meinem Leben aufgeschrieben habe, sie ist fast wortwörtlich wiedergegeben.
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Werbeschild
Das Werbeschild von Gheorghe Negrea in Baia Mare - darauf steht:
Ghita Negrea - Meistergeiger
Ich gebe Geigenunterricht Folklore
Nur ernsthafte und talentierte Schüler
Garantiere Erfolg
Spiele auf Hochzeiten nach Vereinbarung
Kassette
Auszug aus Booklet: Früher kamen die Leute zu mir und sagten: Hey Ghituca, nimm diese 100 Lei und spiel mir einen „Joc de la inceput“, wie früher in der Tanzscheune. Die Leute kannten die Musik und bestellten was ihnen gefiel. Das passiert heute selten. Die Leute sind kühler und distanzierter geworden. Die Alten sind gestorben und ihre Kinder arbeiten fast alle im Ausland, für sie spielt Musik keine große Rolle mehr. Sie wollen ein schönes Auto, ein kleines Haus, sie fragen nach anderer Musik, wenn sie nach hause kommen. Nach Rock, Folk oder Manele. Das hat mir das Herz gebrochen!
Lolli
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Auf den ETHNOPHONIE CDs der vergangenen Jahre hört man Musik aus der Maramureș, Blaskapellen aus der Moldau, aber auch aromunische Gesänge aus dem Süden von Albanien. Die Lieder aus dem Dorf Andon Poci hat der deutsche Wissenschaftler Thede Kahl aufgenommen. Ein großer Kenner der Balkankulturen und besonders der aromunischen Musik, Sprache und Geschichte. Die CD THE AROMANIANS OF ANDON POCI bringt Musik der Fascheroten aus dem Süden Albaniens, Lieder vom Leben nomadischer Hirten, die einst den ganzen Balkan mit Schafskäse versorgt haben. Aber auch rituelle Gesänge zur Hochzeit oder eine Melodie mit dem der Regen gerufen wird. Alle CDs bei ETHNOPHONIE erscheinen mit einem zweisprachigen Booklet, doch hier kamen zum rumänischen und englischen Text noch Übersetzungen ins Griechische, Albanische und Aromunische hinzu. Das Booklet mit den zahlreichen Fotos aus Andon Poci hat schon fast Buchqualität.
Bücher über Musik hat Speranţa Rădulescu schon einige veröffentlicht. Bücher die nichts zu tun haben mit trockener Musikethnologie. Unterhaltsam und aufschlussreich sind die Gespräche mit den lange von der offiziellen Musikwelt ignorierten Lăutarimusikern. „Chats about Gypsy Music - Taifasuri despre muzica ţigănească“ ist eine lesenswerte Reise durch den Alltag rumänischer Romamusiker.
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Jeder Forscher kümmert sich doch um Themen die ihn begeistern. Dazu kommt, das es wahr ist das die muzica lăutarească aus der Kategorie der Folklore ausgeschlossen worden war. Niemand hat sich für sie interessiert, sie wurde als degradiert, heterogen und ohne rumänisches Spezifikum angesehen. Das ist bis zu einem Punkt teilweise richtig, denn die Romamusiker haben diese Musik anfangs nur für ihresgleichen gespielt. Aber dann wurde diese Musik am beliebtesten in den Städten im Süden des Landes. In diesem Buch haben wir darüber geredet: Was spielen die Lăutari, die Roma. Sie können Musik der Rumänen und anderer ethnischer Gruppen spielen, aber darüber hinaus auch ihre eigene Musik.
Und Florin Iordan ergänzt: Wir wollen eine reale Alternative zur Fernsehfolklore präsentieren. Und weil es keine anderen Publikationswege für diese Musik gibt, keine andere Öffentlichkeit, machen wir diese Sammlung. Weil wir in einem Land mit einer reichen musikalischen Tradition leben, die aber schlecht präsentiert wird, sehen wir uns geradezu gezwungen diese Serie herauszubringen. Mit den wenigen Kräften die wir haben.
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Balladen werden in Rumäniens Süden immer noch zu Tisch bei Hochzeiten gesungen, und die Musiker erfinden dabei oft spontan so humorvolle wie treffende Verse. Dafür sind Lăutari, wie die aus dem Dorf Naipu, bekannt. Doch ihre große Improvisationsgabe wurde seit dem Aufkommen anderer Musikstile, kaum noch beachtet. Und niemand in Rumänien außer dem Label ETHNOPHONIE zeichnet bis heute systematisch solche Lieder aus dem Leben auf. Doch jetzt, ein paar Jahre nach Erscheinen ihres Albums, spielen die Lăutari din Naipu sogar auf Hochzeiten in Bukarest:
Es hat sich etwas geändert, aber nur wenig. Eine sehr kleine Kategorie der Rumänen, meist sind das gut die Ausgebildeten, Intellektuelle oder Künstler, feine Menschen wie wir sie nennen, und ein Teil der jungen Leute, hat unsere Sammlung bemerkt und verstanden das sie etwas völlig anderes repräsentiert als die Musik, mit denen uns Radio und Fernsehen abgefüllt hat und auch weiter abfüllt. Ich weiß allerdings nicht genau ob wir dieses Interesse wirklich geweckt haben, oder ob wir da einfach im Trend liegen. Es sind allerdings nicht sehr viele Menschen, die die von uns herausgegebene Musik schätzen, und sie schwimmen gegen den Strom.
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Speranţa Rădulescu sieht sich als Chronistin einer verschwindenden Musikkultur. Zu der Doinen und Balladen aus dem Dorfleben genauso gehören wie die Lieder aus den Mahala genannten Vorstädten. Dort gelang es selbst unter dem Ceaușescu Regime einigen Musikern die strengen Regeln der Zensur zu umgehen. Damals arbeitete Speranţa Rădulescu am Folkloreinstitut. Im Studio begegnete sie einem der großen Protagonisten aus der Bukarester Lăutariszene.
Bereits 1980 habe ich eine Menge Aufnahmen mit Ion Petre Stoican gemacht, die noch am Folkloreinstitut liegen müssen. Und er hat mir damals erzählt wie er sich der kommunistischen Zensur entzogen hat und seine Stücke trotzdem in den Restaurants gespielt hat. Er hatte eine Liste mit fiktiven Titeln und Texten die irgendwie erlaubt waren. Die legte er immer vor. Aber in der Realität hat er Texte wie diesen gesungen: Ich habe vor nichts Angst, nur Angst vor der Dunkelheit, denn dann kommt ein Auto und holt mich einfach ab, was damals politisch überhaupt nicht korrekt war.
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Aus der Kultur der Bukarester Vorstädte kam auch der Geiger Vasile Nasturica: Sein Spiel war delikat und variantenreich. Der Lăutar beherrschte ein schier unerschöpfliches Repertoire an Melodien. Darum ist man beim Label ETHNOPHONIE sehr froh über die erste und gleichzeitig einzige CD dieses Musikers, aufgenommen im Jahr 2009. Das Album ist schon jetzt ein Zeitdokument, denn Vasile Nasturica ist im April 2011 gestorben, mit ihm endete eine ganze Epoche urbaner Lăutarimusik, bedauert die Musikethnologin Speranţa Rădulescu.
In der Vorstellung der Lăutari existiert die „muzica lăutarească“ noch immer. Aber die Instrumente sind nicht mehr akustisch, und wenn sie akustisch sind werden sie grotesk verstärkt. Die harmonische Begleitung hat sich sehr stark verändert. Sie ist komplexer geworden, die Lăutari finden das gut, aber wir finden das dass keine besondere Qualität ist. Es gibt also etwas, was sie immer noch als „muzica lăutarească“ bezeichnen, aber meiner Meinung nach ist das goldene Zeitalter dieses Genres schon lange vorbei. Und es gibt auch nicht die Bedingungen für eine Wiedergeburt.
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Mit dem Einbruch der Moderne in Rumänien nach dem Sturz von Ceaușescu begann das Sterben der traditionellen Musik. Beschleunigt noch von der Emigration vieler Rumänen, und dem Zerfall sozialer Strukturen auf dem Lande. Auch darum sind die CDs der ETHNOPHONIE Reihe von großem Wert. Kommende Generationen sollen vom Reichtum der rumänischen Musik erfahren. In all ihren Ausformungen. Eine wirkliche Entdeckung war die Musik einer sehr abgelegenen Gegend: Aus dem Norden Moldovas. Bei einer Hora Boierească spielt Constantin Negel ein Instrument das aus der rumänischen Kultur fast verschwunden war: Die Laute Cobza. Und genau diese Musik inspirierte eine junge Band aus Bukarest selber zur Cobza zu greifen. Trei Parale interpretiert heute alte rumänische Liebeslieder und Tänze aus dem 19. Jahrhundert auf Cobza, Hirtenflöten, Saz und Rahmentrommeln. Florin Iordan vom Label ETHNOPHONIE hat die Gruppe mit seiner Frau, einer Puppenspielerin, gegründet.
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2003 habe ich mit Beatrice das erste Konzert unter dem Namen „Trei Parale“ gegeben. Wir gehören zu einer sehr zurückhaltend agierenden Revivalbewegung. Unsere zweite CD wird eine Fortsetzung des Projektes BAZAR. Unser kleiner Versuch Musik aus dem 19. Jahrhundert wiederzubeleben. Musik, die heute nicht mehr gespielt wird, die einfach vergessen wurde. Wir sind auch an den Wurzeln dieser Musik interessiert, die in der fanariotischen Herrschaft im 18. Jahrhundert liegen und sich teilweise in den Mahala genannten Vorstädten im 20 Jahrhundert fortgesetzt haben. Aber wenn wir die Verbindung zur Ethnophonie reden: Wir haben auch Stücke dabei die ich 2004 bei meinen Feldforschungen an der Seite von Speranta Rădulescu gefunden habe.
Musiker stehen vor einer Wand mit Säulen
In der Musik von Trei Parale findet man Einflüsse aus ganz Rumänien, aber auch aus den Nachbarkulturen. Viele ihrer Stücke stammen aus der Liedersammlung Spitalul Amorului, herausgegeben von Anton Pann im Jahr 1850. Ohne eine Cobza existierte damals kein Taraf. Doch die rumänische Laute wurde im 20. Jahrhundert von Streichern aus den kleinen Kapellen verdrängt. Dennoch haftet diesem Instrument ein besonderer Zauber an. Man kann Melodie und Rhythmus darauf spielen und der trockene Klang hat etwas sehr Ländliches. Glücklicherweise hat das Label ETHNOPHONIE neben vielem anderen auch einige der schönsten Cobza-Melodien bewahrt. In Rumänien entdeckt ein kleines aber junges Publikum die liebevoll edierten CDs aus dem Museum des Rumänischen Bauern. Und der Musiker Florin Iordan möchte die Begegnungen mit den alten Meistern bei seiner Arbeit für das Label ETHNOPHONIE nicht mehr missen.
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Wir sind Constantin Negel mehrmals begegnet. Wir haben ihn gemeinsam mit Speranţa Rădulescu und Beatrice zuhause besucht. Er lebte in einer Zigeunersiedlung auf einem kleinen Hügel. Er hatte dort einen winzigen Hof wo er ein Schwein aufzog. Sein Instrument die Cobza verschwindet im ursprünglichen Kontext. Es gibt nur noch eine handvoll Leute, die dieses Instrument in Folkloreensembles spielen, und Leute wie wir, die zu dieser Revivalbewegung gehören. Jetzt gibt es aber erste Anzeichen dafür, das auch andere unseren Weg einschlagen werden. Und in einigen Jahren wird es hoffentlich wieder mehr Cobzarspieler hier in Rumänien geben.
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