Ganz im Südwesten Rumäniens, nahe der Donau, begab es sich im Jahre 1935, dass der taubstumme Hirte Petrache Lupu auf dem Weg in sein Heimatörtchen Maglavit eine seltsame Begegnung hatte. Er wurde von einer schwebenden Gestalt mit bis zu den Füßen reichendem weißen Haar angesprochen. Obwohl taubstumm, verstand der Hirte jedes Wort, denn es war Gott der zu ihm sprach und ihm diverse Aufträge erteilte.
Seit dieser Begebenheit ist das Wäldchen bei Maglavit ein besonders heiliger Ort. Viele Kranke aus nah und fern eilten dorthin und schmissen anschließend ihre Krücken und sonstigen Heilhilfsmittel nur so von sich.
60 Jahre später, unter der Obhut und mit dem Geld des einst übergroßen rumänischen Polikers, EU - Abgeordneten und Besitzer des Bukarester Fußballclubs Steau Bukarest Gigi Becali, der zwischenzeitlich erhebliche Probleme mit der rumänischen Justiz hatte, begann der Bau des Klosters Maglavit. Bis heute ist die moderne und riesige Kirche jedoch noch nicht fertig gestellt.
Das Kloster Maglavit ist wirklich sehr abseits gelegen. Wer die üblichen rumänischen Sehenswürdigkeiten besichtigen oder eins der 72 Gebirge erklimmen möchte, kommt dort nicht vorbei.
Und es ist auch kein altehrwürdiger archtiektonischer Kleinod. Trotzdem habe ich es seitdem meine Freundin Nicodima, die vor ein paar Jahren aus dem Kloster Icoana / Carpinis bei Novaci dahin versetzt wurde, schon einige Male in Maglavit besucht.
Die Nonnen in Maglavit, wie auch in vielen anderen Klöstern Rumäniens, freuen sich über Besucher und bieten für kleines Geld Unterkunft und einfache vegetarische Verpflegung. Ich kann wirklich nur empfehlen, auch mal in einem Kloster zu übernachten und sich der Weltentrücktheit hinzugeben. Natürlich sollte man einige Regeln beachten, sich insbesondere ruhig und züchtig verhalten sowie respektieren, dass es Bereiche im Kloster gibt, die nicht für Besucher zugänglich sind.
2015 war ich mit meinem Mann Thomas in Rumänien unterwegs und wollte, dass auch er Nicodima kennenlernt.
Am Abend des 06.09.2015 kamen wir im Kloster an, wurden – besonders von Nicodima und Julia, einer Schwester, die in Frankfurt /Oder Wirtschaftswissenschaft studierte und somit ausgezeichnetes Deutsch spricht - herzlich begrüßt. Und wir erfuhren, dass am 08.09. ein großes Fest gefeiert wird. Der Hram.
Hram ist – vereinfacht gesagt - der Geburtstag des/ der Schutzheiligen des Klosters und es ist den Nonnen sehr wichtig, ihrem Schutzheiligen ein besonders schönes und großes Fest zu organisieren. Die Krönung eines Hrams sind viele viele Gläubige, die an dem Festgottesdienst teilnehmen und der Besuch möglichst zahlreicher hoher geistlicher Würdenträger.
Die Nonnen rechneten mit ca 1500 Besuchern ihres Festes und 4 Metropoliten. Für 300 Personen sollte gekocht, gebraten und gebacken werden. Und ca. 50 Besucher brauchten eine Unterkunft. "Wow!"
Und nochmal "Wow" - dafür, dass für uns trotz dieser vieler Aufgaben ein schönes Zimmerchen mit frisch bezogenen Bett gerichtet war.
Es stand den Nonnen und den fleißigen Frauen der umliegenden Dörfer also in den nächsten Tagen viel Arbeit bevor und Thomas und ich erklärten uns zur Hilfe bereit. Das Angebot wurde gern angenommen und so wurden wir nach dem Abendbrot und dem Gottesdienst, der im Keller der noch nicht fertig gestellten Kirche stattfand, ins Bett geschickt, denn am Morgen um 7 Uhr sollten wir zum Dienst erscheinen.
So taten wir es auch, gestriegelt und gebügelt meldeten wir uns noch im Halbdunklem in der Freiluftküche. Thomas kam in das Team „Gottesdienstvorbereitung“ und war dem Preoten Paulin und meiner Freundin Maica Nicodima unterstellt. Der Trupp verschwand in Richtung Kirche, wo Thomas abgesehen von ein paar kleinen Pausen den ganzen Tag Teppiche auslegte und säuberte, Möbel hin und schleppte und - das war die besondere Ehre - vier reich mit Schnitzwerk verzierte Stühle – nein eigentlich Throne - mit Möbelpolitur aufhübschen durfte, die nur für die Metropoliten bestimmt waren.
Sehr stolz ist Thomas heute noch darauf, dass er mit seiner deutschen Ingenieurskunst ein wenig Effektivität in die Arbeiten im Kloster bringen konnte. Besonders großen Anklang fand wohl bei seinem Team die Idee, die sehr vielen (hunderte) in Plastesäcken verpackte leeren Flaschen für das Heilige Wasser statt bei Affenhitze per Pedes die zahlreichen Treppen des Kirchturms hinauf und hinunter zu schleppen, diese an das Seil der Glocke zu binden und so mittels Flaschenzug in Minuten statt Stunden diese schweißtreibende Arbeit zu erledigen.
Ich kam ins Küchenteam unter der Leitung von Maica Sebastiana. Die Vorbereitung der Vorbereitung lief zunächst schleppend an.
Doch dann habe ich tapfer Berge von Zwiebeln geschält und in verschieden große Würfel geschnitten und mit Frauen, die aus dem Ort kamen, das Kraut für die Sarmale in handtellergroße Stücke zerteilt. Anschließend saßen wir in großer Runde und wickelten 1200 der winzigen Kohlrouladen, die hier im fleischlosen Kloster nicht mit Schweinefleischhackmasse sondern mit einer Fischmasse gefüllt wurden.
Zwischendurch wurde immer wieder abgewaschen, wobei es 3 Durchgänge gab. Grobspülen, Spülen mit einer chemischen Substanz und Klarspülen. Alles mit kaltem Wasser direkt aus dem Brunnen. Zufällig ladete ich immer beim Grobspülen, worüber die Dorffrauen dankbar waren.
So richtig versagt habe ich beim Knoblauchhacken. Da war ich irgendwie zu langsam. Thomas kam verschwitzt um ein Päuschen einzulegen und half mir. Er rührte aber so kräftig im Knoblauchmörser, dass der Knoblauch die Farbe des Metalls annahm und sich alluminiumgrau färbte.
Das Gerät war eben nur für zarte Frauenhände geeignet. Die Nonnen beratschlagten und griffen schließlich zum Äußersten. Aus einem Hinterzimmer holten sie eine kleine elektrische Küchenmaschine und damit war der Knoblauch schnell so, wie er sein sollte.
Er wurde nämlich dringend gebraucht: für den Grill – und Backfisch, verschiedene Marinaden, die Ikrecreme etc.
Für all diese Speisen gab es extra in Dienst genommene Spezialisten, die mit großer Geduld und Ernsthaftigkeit ihre Aufgaben erfüllten.
Der Grillmeister in Aktion:
Der Backmeister in Aktion:
Maica Stareta Maria ist die Klostervorsteherin und eine wirklich bemerkenswerte Frau. Sie pendelte den ganzen Tag unaufhörlich zwischen den vielen Trupps hin und her, gab Anweisungen und schickte die Leute von hier nach da. Wie bei einem Puzzle fügte sie die Trupps und Gegenstände zu einem großen schönen Bild zusammen und hatte nebenbei noch aufmunternde und liebe Worte für jeden der fleißigen Helfer.
Bis weit nach dem Sonnenuntergang wuschen wir dann noch das Geschirr ab, welches am nächsten Tag auf den Tisch kommen sollte. Alles sollte perfekt sein. Sauber und schön. Jeweils 300 Teller in verschiedener Größe, 300 Tassen, Messer, Gabeln, Löffel, Schüsseln, Platten etc und als es schon ganz dunkel war, kamen noch die vielen, vielen Gläser ins Abwaschwasser und unter das Handtuch.
Als Belohnung gab es am späten Abend noch einen Gottesdienst bei dem ein Männerchor mit herrlichen Stimmen schon mal für das Fest am nächsten Tag probte.
Der große Tag
Am Morgen des 08.09.2015 war es dann so weit. Die heilige Maria, die Mutter Gottes, hatte Geburtstag. Wieder versammelten wir uns vor Sonnenaufgang in der Sommerküche. Die Nonnen hatten wahrscheinlich die ganze Nacht durchgearbeitet, waren aber sehr aufgeregt und fröhlich. Die angekündigten 4 Metropoliten wollten tatsächlich am Fest teilnehmen.
Schon früh am Morgen kamen immer mehr Frauen aus der Umgebung mit den herrlichsten Kuchen, die man sich vorstellen kann zur Kuchensammelstelle, wo die Kunstwerke entgegen genommen und zerschnitten wurden.
Andere Frauen dekorierten unterdessen die Vorspeisenteller, wobei erst die 3. Version die aktzeptierte Schönheit besaß.
Ich stand irgendwie immer im Weg rum und ging dann zu Julia, um ihr beim Abwasch zu helfen. Bei dieser Arbeit konnten wir uns gut unterhalten. Natürlich hatte ich viele Fragen, an die junge hübsche hochgebildete Frau, die sich mitten im Leben stehend entschlossen hat, als Nonne zu leben. Zu einigen Fragen gab es Antworten, zu anderen nicht,…..
Schon gegen halb neun war das Kloster mit unglaublich vielen Menschen gefüllt. Nach und nach trafen auch die so freudig erwarteten 4 Metroploiten und anderen hohen geistlichen Würdenträger ein und der Gottesdienst begann Punkt 9 Uhr.
Thomas und ich wurden von der Arbeit freigestellt um den Gottesdienst zu erleben und wir mischten uns unter die Gläubigen, die mit großer Aufmerksamkeit und Inbrunst an dem besonderen Fest teilnahmen. Auch wir wurden von der Athmosphäre in den Bann gezogen.
So ein orthodoxer Gottesdienst ist sehr lang (4 Stunden), aber auch sehr schön und feierlich. Leider kenne ich die einzelnen Bestandteile der Zeremonie nicht. Stareta Maria suchte uns irgendwann im Menschengetümmel und sagte, dass gerade jetzt ein besonders heiliger Teil der Zeremonie stattfinden würde. Ich war sehr beeindruckt, nicht nur von den prunkvollen Gewändern der Metropoliten und der Würdenträger verschiedenste Höhe, sondern vor allem von der tiefen feierlichenm Gläubigkeit der Menschen. Einige weinten sogar.
Viele Menschen brachten Lebensmittel, Kinderkleidung oder Spielzeug mit in das Kloster, um es von den Metropoliten im Anschluß an den Gottesdienst segnen zu lassen.
Welche Geschichten wohl hinter den einzelnen Gaben stecken? Welchen Grund mag es wohl geben, diese Dinge segnen zu lassen?
An den Kerzenständern herrschte Hochbetrieb. An jeder orthodoxen Kirche gibt es einen Kasten, in dem man Kerzen für die eigenen Wünsche aufstellen kann (Vii). In einem anderen Kasten finden die Kerzen zum Gedenken der Verstorbenen Platz (Mortii).
Die Kerzen in verschiedener Länge und Größe - je nach Bedarf - kann man für wenig Geld im Klosterladen kaufen.
Sehr hoch im Kurs stand auch das heilige Wasser aus dem Klosterbrunnen. Es wurde kostenlos ausgegeben, nur die Flaschen mussten bezahlt werden.
Nach dem Gottesdienst gingen die Geistlichen zur Kirche um auch diese zu segnen. Wir Besucher hatten dabei keinen Zutritt.
Wir saßen auf der großen Treppe, die zur Kirche hinauf führt und beobachteten die sich auflösende Veranstaltung. Die Leute hatten sich alle schick gemacht und es waren auch viele Zigeuner da. Bemerkenswert war, dass die Zigeunerfrauen streng darauf achteten nicht über den Wasserschlauch mit dem die Bottische für das heilige Wasser gespeist werden zu steigen, sondern immer unten durch liefen. Wer weiß, welche Bewandtnis es mit diesem Ritual hat?
So schnell wie das Kloster gefüllt war, leerte es sich auch. Nur die 300 Gäste, die zum Essen geblieben waren und viele Helfer blieben im hinteren Teil des Klosters und wurden bewirtet. Auch für uns war ein Platz reserviert. Eigentlich sollten wir noch einen Tag bleiben, Stareta Maria bat uns darum. Doch wir hatten andere Pläne, wir wollten zum Abschluß unserer Rumänienreise noch nach Baile Herculane..... und dort zog ich mir die heftigste Lebensmittelvergiftung aller meiner Rumänienreisen zu. Tja, hätten wir mal gehört.
Heute, an diesem besonderen Tag, feiern die Christen in der ganzen Welt Hram, die Geburt Jesus Christus.
Hans und ich wünschen Euch, liebe Leser und Beitragsschreiber, Fotografen, Probe-und Korrekturleser, geduldige Dolmetscher und Daumendrücker, nachdem nun alle Fenster unseres Kalenders geöffnet sind, ein friedliches und besinnliches Weihnachtsfest und für das Jahr 2016 Gesundheit und Gottes Segen. Wer weiß, vielleicht gibt es 2016 auch wieder einen Rumänienadventskalender?