In der Weite der Tiefebene zwischen Marosch und Kreisch, aus der Ferne unscheinbar, liegt die Wiege meiner Kindheit. Sanktanna/Sântana (Altsanktanna-Komlosch) im Nord-Westen Rumäniens, hat auch nach zwanzig Jahren unserer Trennung von seinem einmaligen Reiz nichts eingebüßt. Auf vielen Karten ein unscheinbarer kleiner Punkt, von so vielen verlassen, bleibst du uns auf der Spur. Du gibst Stille, aber niemals Ruhe. Dein entlegener Platz im Rhythmus der Vergangenheit, gibt mir Raum und Zeit zur tieferen Besinnung und erfüllt mich heute noch mit sanfter Wehmut.
Obwohl mein Leuchtturm jetzt woanders steht, bleibst du meine Quelle, die Wasserstelle in mir. So lebst du fort an vielen Orten. Wo immer ich hingehe, nehme ich dich mit. Nach Jahren der Unsicherheit rede ich heute von dir, zeige dich her. In all deiner Einfachheit bleibst du einmalig für mich. Dein Wahrzeichen, die Kirchtürme, winken von weitem und doch vermisse ich ihn nicht, den bestrafenden Gott deiner Tage. Zu einem liebenden Vater hat er sich gewandelt für mich, das Göttliche in allem für mich offenbart.
Eine ländliche Schwalbenkolonie mit versteckten Häusern hinter hohen Akazien und Nussbäumen, von einzelnen Pappeln berauscht, mit Schwalbennestern unterm Dach, bist du weiter im Besitz von genügend Zeit, welch ein Wohlstand. Zur räumlichen Ausdehnung hattest du immer Platz für breite Straßen, Wege, Höfe und fruchtbare Gärten. Viel Vertrautes haben wir hier zurückgelassen, doch deine Bilder leben in uns fort.
Es sind die Maisfelder, die Rübenäcker, gelb wogendes Korn so weit das Auge reicht, so wie der natürliche Duft von Rosen und Joargâ (Flieder), Pferdewägen, Gänse in den Straßengräben, heimkehrende Kühe. Unvergesslich die Bank vor dem Haus, der Plausch vor dem Gassâterle (Gassentürchen), die zufälligen Begegnungen der Menschen oder die spielenden Kinder mitten auf der Straße.
Reglose Ruhe liegt über deinen müden Dächern in der Mittagshitze. Der Schwenkelbrunnen mit der darin gekühlten Milch oder der schwimmenden Wassermelone leben nur noch in meinen Erinnerungen.
Doch vom Ortsrand bertrachtet sieht vieles anders aus. Vergessen die Mühsal der knochenharten Arbeit auf den Feldern. Vergessen die sonnenverbrannten Gesichter, vergessen die Schwielen unserer Väter und die zerfurchten Gesichter der Mütter. Lebendig noch die ewig langen Quender (Ackerlänge), die wir Kinder über Brombâschnier (Brombeerenschnüre) und frischen Stoppeln gestolpert sind, um vom anderen Ende den Wasserkrug zu holen oder die Sonne hat mich erwischt. An einem dieser Erntetage habe ich entweder zu viel Wasser getrunken oder die Sonne hat mich erwischt. Noch nie hatte sich unsere Stube so mit mir gedreht.