Vom Zibinsmarkt in Hermannstadt und Rezepten


von Dagmar Dusil

gemalte Brezeln und Backzutaten und Teig neben einer Schüssel
Marktstand mit einem Berg von Auberginen im Vordergund
Die Monde wechseln und im Sommer wird der Marktplatz immer bunter. In meiner Kindheit brachten die Bäuerinnen aus dem Banat die ersten Kohlrabi, die so zart waren und sich in einem hellen Pastellgrün zur Schau stellten, dass man sich fast fürchtete, mit seinem Blick die Pflanze zu verletzen.
gemalte Kohlrabi mit Auge, welches ihn anschaut
Mein Vater hatte eine besondere Bindung zum Banat seit der Zeit, als er beim Deutschen Landestheater mit dem Orchester auf Tournee dort war und später mit der Hermannstädter Philharmonie. Er schwelgte in herzhaften kulinarischen Erinnerungen.
Die Banater Küche war üppiger als die Siebenbürgische, es wurde viel und schmackhaft im Banat gegessen, der grüne Salat mit Rahm angerichtet.
gemalte Schüssel mit Salat und Soßenkrug
Mit seinem Charme verzauberte mein Vater auch die Banater Bäuerinnen auf dem Zibinsmarkt, die nicht müde wurden, über die Witze und Späße meines Vaters zu lachen.
Füllung für Gemüse
400 g gemischtes Hackfleisch (Schwein und Rind)
80 g Reis • Salz • Pfeffer
ein Schuss Wasser, damit die Masse locker wird
gemalte Kuh und Schwein mit Schlachtwerkzeug
Gefüllte Kohlrabi
Teller mit gefülltem Kohlrabi
So wird’s gemacht:
10 junge Kohlrabi werden am Wurzelende ausgehöhlt und mit der oben genannten Masse gefüllt. In einem Kochtopf lässt man eine Zwiebel glasig andünsten, gibt das Innere der Kohlrabi hinzu, setzt die gefüllten Kohlrabi hinein, gießt Wasser dazu und lässt die gefüllten Kohlrabi weich dünsten. Man kann auch Blätter damit füllen und dazugeben. Während des Dünstens fügt man einen Bund Dill hinzu. Nach 20 – 30 Minuten sind die Kohlrabi gar. Der Bund Dill wird entfernt und das Essen mit ca. 1 EL Mehl eingestaubt. Nun fügt man reichlich fein gehackten Dill hinzu. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und mit Crème fraîche und frischem Brot servieren.
gemalter Dill
gemalter Dill
Gefüllte Speisekürbisse (oder Zucchini)
Teller mit gefülltem Speisekürbis und drei Klecksen saurer Sahne
gemalte Zuccini, Zwiebeln und Tomaten
So wird’s gemacht:
5 kleine Speisekürbisse schälen, halbieren und aushöhlen. In einem Kochtopf lässt man eine Zwiebel glasig andünsten, gibt das Ausgehöhlte aus den Kürbissen hinzu, setzt die gefüllten Kürbisse hinein, gießt Wasser dazu und lässt die gefüllten Kürbisse weich dünsten. Während des Dünstens fügt man einen Bund Dill hinzu. 1 – 2 Tomaten enthäuten (dafür mit heißem Wasser überbrühen) und in Würfel geschnitten dazugeben. Nach 15 – 20 Minuten sind die Kürbisse gar. Der Bund Dill wird entfernt und das Essen mit ca. 1 EL Mehl eingestaubt. Nun fügt man reichlich fein gehackten Dill hinzu. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und mit Crème fraîche und frischem Brot servieren.
Gefüllte Paprikaschoten
gemalte Paprika und Tomaten
So wird’s gemacht:
10 spitze weiße Paprikaschoten werden ausgehöhlt, gefüllt und in 2 EL Öl angebraten. Es wird etwas Wasser hinzufügt. 20 Minuten dünsten. 500 ml Tomatensaft hinzugeben. Mit etwas Salz, Pfeffer, evtl. Suppengewürz abschmecken und etwas Zucker abschmecken. Mit Crème fraîche servieren. Dazu passt frisches Brot oder Kartoffelpüree.
Gefülltes Kraut aus süßem Kraut
Teller mit drei Krautwickel
2 Krautköpfe mittlerer Größe
500 g Hackfleisch (Schwein und Rind)
125 g Reis
2 kleine Zwiebeln
2 – 3 EL Öl
1 Bund Bohnenkraut
3 große saftige Tomaten
250 g Tomatensaft
Salz und Pfeffer
gemalter Kohlkopf, Speck, Tomaten und Salz
So wird’s gemacht:
Den Strunk aus den Krautköpfen entfernen und die Krautköpfe in 5 – 6 l kochendes Salzwasser für 2 – 3 Minuten legen. Danach in ein Sieb zum Abtropfen geben. Nun lassen sich die Blätter loslösen. Die dicken Adern mit einem scharfen Messer vorsichtig entfernen. Die kleinen Blätter in dünne Streifen schneiden. Zwiebeln klein würfeln und im heißen Öl anbraten. Vom Herd nehmen, das Fleisch dazugeben sowie den gewaschenen Reis. Alles gut vermengen und 2 – 3 EL Tomatensaft dazugeben, salzen und pfeffern nach Geschmack. Auf je ein Krautblatt einen EL Fleisch geben, die Seiten des Blattes einschlagen und vorsichtig von einem zum anderen Ende rollen. Auf den Boden einer Kasserolle etwas Öl geben, dazu klein geschnittenes Kraut und darauf die Krautwickel aufeinander schichten. Die gewürfelten Tomaten, den restlichen Tomatensaft und das Bohnenkraut dazu geben. Mit Wasser auffüllen, so dass die Krautwickel bedeckt sind. Bei kleiner Hitze ca. 1 Stunde köcheln lassen (bis das Kraut seidig schimmert) und danach noch 1 Stunde zugedeckt stehen lassen. Die Krautwickel mit frischem Brot, Palukes (Maisbrei) und Rahm servieren.
gemaltes Brot mit Messer
Marktstand mit buntem Gemüsesorten wie Gurken, Paprika, Tomaten, Kohlköpfen, Lauch und vielem mehr
Im Sommer ruht der Marktplatz im Gesumme der hungrigen Bienen und gierigen Wespen in sich, die nicht müde werden, das Obst in seiner Süße zu umkreisen. Die kurzlebige Zeit der Walderdbeeren ist vorbei, Pilze gibt es nur, wenn der Regen sie sprießen lässt. Die Himbeeren und Heidelbeeren sind reif. Letztere – klein und schwarz und den Geschmack des Waldes in sich tragend – müssen sich gegen neue Züchtungen, die Kulturheidelbeeren, groß und dick und innen undefinierbar hell, behaupten. Kleine grüne Tannenzapfenspitzen sind ihres Haltes beraubt und warten darauf, von emsigen Hausfrauen zu Sirup verarbeitet zu werden.
gemalte Biene neben einem Pilz, Heidelbeeren und einem Topf mit eingelegten Tannenzapdensoitzen
Kisten mit Weintrauben
Birnen
Auf den Tischen türmen sich Kirschen von hell- bis dunkelrot, Sauerkirschen, die wir Weichseln nannten, helle kleine Pfirsiche, die ihr unscheinbares Aussehen durch ihr Aroma wettmachen und neben der neuen platten Sorte bestehen müssen. Süße Aprikosen leuchten in sonnengelb bis orangefarben und lassen auch trübe Tage heiter erscheinen. Wasser- und Zuckermelonen sind in einen Hof auf der anderen Straßenseite verbannt.
gemalter Berg von Melonen neben einem Haus
Pflaumen, Zwetschgen, Ringlotten stehen in den Startlöchern, um den nicht mehr fernen Herbst einzuläuten. Ende August, Anfang September drängen Weintrauben mit der Vehemenz der Ehrgeizigen auf den Markt. Sie werden besonders besummt. Ihre klebrige Süße lässt die Bienen und Wespen taumeln, sie berauschen sich, sie werden waghalsig und unvorsichtig, um ihre Gier zu stillen.
gemalte Zuccini, Zwiebeln und Tomaten
Tomaten, die laut Aussage der Verkäufer alle süß sind und nach Tomaten schmecken, liegen auf den Tischen zwischen hellen grünen Paprika, Zwiebeln, Speisekürbissen, Kartoffeln, Auberginen glänzend schwarz und neuerdings auch weiß und und und und.
Pfirsiche
Lauchzwiebeln, Radieschen und Kräuter
Nun ist es nicht mehr lange, bis die Tomatenpaprikas, die Gogoșari, die Marktbühne betreten. Groß und dick und rund und einmalig wohlschmeckend. Der Herbst ist da, wenn die Zwiebeln und der Knoblauch züchtig zu Zöpfen geflochten werden, so als wollten sie sagen, seht her, nun sind wir erwachsen.
gemalter Zwiebelzopf
gemalter Zwiebelzopf
Die Nüsse sind reif und die edelsten von ihnen haben eine ganz dünne Schale, und bei uns zu Hause sagte man in meiner Kindheit, dass es Papiernüsse sind. Ich füllte sie mit Geschichten, schälte ihre dünne Haut und lief eine ganz lange Zeit mit schwarzen Fingern herum.
Der Herbst lässt den Marktplatz sich nochmals aufbäumen, füllt ihn mit Menschenmassen, die, wenn sie auch nicht mehr Gemüse und Kartoffeln für den Winter einlagern wie in meiner Kindheit, so doch Gurken einlegen und Zacuscă einkochen und dafür schwerbeladen den Platz verlassen.
gemalte Frau mit schwerbeladenen Taschen
Mit den ersten Schneeflocken und der Kälte weist der Markt erste Ermüdungserscheinungen auf. Er beginnt vor sich hin zu dösen, wird größtenteils farblos, zieht sich in Farbträume und Düfte zurück, um einzuschlafen, durchzuschlafen und gestärkt im nächsten Frühling zu erwachen.
Versuchen Sie doch mal die Hermannstädter Brezeln:
Hermannstädter Brezeln
Zusammenstellung von sechs Fotos der Herstellung von Brezeln zuerst als Teigrolle, dann als ausgerollter Teig, ausgestochen auf dem Backblech, bepinselt mit Eigelb, backend im Ofen und fertiggebacken goldgelb in einer Schüssel
300 g Mehl
1 Prise Salz
250 g Butter
1 ganzes Ei
200 g geriebenen Emmentaler
1 Eigelb
gemalte Brezeln und Backzutaten und Teig neben einer Schüssel
Und so wird’s gemacht:
Mehl, Salz, abgebröselte Butter, das ganze Ei und den Käse zu einem geschmeidigen Teig verarbeiten. Nicht in den Kühlschrank stellen (ganz wichtig). Ca. 5 mm dick auswalken und mit einer kleinen Brezelform ausstechen. Ein Backblech mit Backpapier auslegen. Brezeln darauf legen, mit dem verquirltem Eigelb bestreichen und salzen. Bei 200 Grad Ober- und Unterhitze 15 – 20 Minuten in den Backofen schieben.
Aus Dagmar Dusil „So is(s)t Hermannstadt“, Pop Verlag, Ludwigsburg
Bilder von weiteren drei Essen, die oft und gerne in Rumänien gegessen wurden.
Teller mit Bohnen, einer Wurst und Röstzwiebeln
Ein typisches Essen aus Rumänien - Geriebene Bohnen (Fasole frecata) mit Bratwurst und Röstzwiebeln. Gilt auch als Fastenessen, dann natürlich ohne Bratwurst.
Teller mit gebackenen Hähnchenschenkeln, Pommes und einer Schüssel Gurkensalat daneben
Ausgebackenes Hähnchen mit Pommes und Gurkensalat
Teller mit einem Steack, Röstkartoffeln und zwei Scheiben Brot daneben
"Holzfleisch", so heißt das Steak in Rumänien mit Röstkartoffeln, die in vielen deutschen Haushalten k und k Kartollfen genannt wurden.
gemaltes Brett mit Besteck und dem rumänischen Guten Appetit draufgeschrieben
Mehr dazu können Sie in "Blick zurück durchs Küchenfenster" erfahren, das in einer weiteren Auflage 2022 im Buchverlag für die Frau, Leipzig erscheint.
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