Kalender der Rumänen


von Silvia Nedelea

gemaltes Weinglas umgeben von Blumen
Menschen, eine zeitbesessene Spezies, deren Existenz sich um das Verständnis dieser mystischen Einheit dreht. Hier ist eine Zeitreise durch die Welt der in Rumänien verwendeten Kalender.
Der Kalender von Romulus (der römische Kalender) umfasste zunächst zehn Monate und begann mit dem Monat März, der dem Kriegsgott Mars gewidmet war. Numa, der zweite König von Rom, fügte Januar und Februar hinzu, sodass das Kalenderjahr 12 Monate hatte, beginnend mit Januar. Anschließend wurden der 7. und 8. Monat des Jahres nach Julius Cäsar und Augustus umbenannt, die restlichen Namen wurden vom römischen Kalender übernommen. Obwohl die Rumänen den römischen Kalender verwenden, haben sie immer noch einen volkstümlichen Kalender, in dem die Namen der Monate etwas mit diesem Monat Verbundenes veranschaulichen.
Für die Rumänen entsprach der Kalender den landwirtschaftlichen und kirchlichen Aktivitäten, wobei der Zyklus der Jahreszeiten durch die scheinbare Bewegung der Sonne bestimmt wurde. So sind die Momente der Tagundnachtgleichen und Sonnenwenden wichtige Orientierungspunkte und voller Rituale, die mit den christlichen Feiertagen zusammengelegt wurden.
Januar. Ianuarie. Ianuarius. Gerar. (der Froster)
gemalter Mann mit zwei Gesichtern
Der Januar kommt vom römischen Gott Janus, der zwei Gesichter hat und der Gott des Anfangs und des Endes ist. Im Volksmund wird er der Froster genannt, weil dieser Monat der kälteste des Jahres ist. Wenn es im Januar keinen Frost gibt, wird es im März und / oder April kalt sein (die Blüten der Bäume werden erfrieren). Wenn es im Januar kalt ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es im Februar schneit. Um den 7. Januar ist der "Frost der Epiphanie", wenn "es so kalt ist, dass die Steine knacken". In diesem Monat werden die Zäune repariert und die Bäume beschnitten. Ab dem 11. Januar beginnen die Vögel zu singen.
gemalte Steine in einer Zange
Steinfigur
Der dem Gott Ianus gewidmete Votivaltar, der in Roșia Montană entdeckt wurde und sich im Goldmuseum dieser Ortschaft befindet.
Februar. Februrarie. Februarius. Făurar. (der Schmied, der Werkzeugmacher)
gemalter Mann mit Eisgesicht hält ein Haus umschlungen und einen Eisbesen
Der Februar kommt im römischen Kalender vom Wort februum (Reinigung, damit verbunden die Überlieferung febura). Die Häuser wurden mit Salz und Weizen geläutert, um böse Geister und Unglück abzuwehren. Schmied ist der volksmündliche Name für diesen Monat. Faur ist derjenige, der das Eisen bearbeitet, der Schmied. Es war der Monat, in dem die Werkzeuge für die Feldarbeit hergestellt und repariert wurden. Der Februar ist ein Monat der Schneestürme. Der 2. Februar ist der Tag des Bären: er kommt aus der Höhle und wenn er seinen Schatten sieht, weil es ein sonniger Tag ist, geht er nicht mehr zurück. Das heißt, dass es einen zeitigen Frühling gibt. Der 24. des Monats Făurar heißt Dragobete, der Liebestrunkene. Es ist das Fest der Liebe, eine Art Valentinstag für Rumänen. Die Vögel verlieben sich und beginnen ihr Nest zu bauen.
gemalte Vögel mit Herzen umgeben
vereiste Baumäste ohne Blätter
Die magische Welt des Eissturms.
März. Martie. Martius. Mărțișor. (das Märzchen)
gemalter Mann mit Lanze und in Ritterrüstung
Der Name März wurde von Romulus nach seinem Vater Mars, dem Kriegsgott, vergeben. Es war der erste Monat des alten Kalenders und der Beginn des Landwirtschaftsjahres. Der rumänische Name kommt von dem Märzchen, der römischen Tradition vom 1. März. Ab diesem Tag tragen Kinder und Frauen eine weiß-rote Kordel an Hand oder Brust (Das Märzchen Im Rumänienadventskalender 2011). Die ersten 9 Tage des Monats werden die Tage der Omas genannt, launisch und mit wechselndem Wetter. Die nächsten 9 Tage werden die Tage der Opas genannt, die auf die Erde schlagen, um die Samen zu wecken. Der 25. März, die Verkündigung, kurz nach der Tagundnachtgleichen, ist der Tag des Kuckucks, der Tag, an dem der Kuckuck zu singen beginnt.
gemaltes rot-weißes Bändchen mit Schleife
Märtzchenbänder als Kordeln mit lustig bebilderten Anhängern dran
Zeitgenössische Märzchen!
Bauern ziehen mit einem mit Pferden bespanntan Pflug übers Feld
Sie pflügen den Boden mit einem Holzpflug, damit der Samen aufgeht.
April. Aprilie. Aprilis. Prier. (der gut Anschlagener)
gemalter Baum mit Sonne und Regenwolke
Aperio bedeutet auf Lateinisch öffnen. Im April erwacht die Natur und es ist wahrhaftig Frühling. Der April beginnt mit dem Tag der Witze und Tricks. Sogar das Wetter trügt. Der April ist ein launischer, manchmal trockener Monat mit Kälte und Wind. Prier kommt vom Verb "gut anschlagen / gut bekommen". Werden aus den Blüten Früchte entstehen? Oder bekommen sie Frost ab und der Baum wird keine Früchte tragen? Am 23. April wird der heilige Georg, Beschützer der Saat und der Herden, gefeiert.
Schutzhütte im blühenden Garten
Wird es den Obstbäumen gut bekommen oder nicht?
Mai. Mai. Maius. Florar. (der Blumenbringer)
gemaltes Weinglas umgeben von Blumen
In der antiken römischen Religion und dessen Mythen verkörpert die Nymphe Maia das Wachstum, ihr Name stammt von dem vergleichenden Adjektiv maius, major "größer, noch größer". Sie wurde mit der Erde und der Guten Göttin identifiziert. Im rumänischen Kalender wird der Monat Mai der Blumenbringer genannt, weil die Erde mit immer mehr bunten Blumen bedeckt ist, als ob das Paradies auf die Erde herabgestiegen wäre. Der 1. Mai ist der Tag des Arminden, die Tore sind mit Birkenzweigen (= Arminden) geschmückt. Man trinkt Rotwein, um kräftig zu sein und rote Wangen zu bekommen. Der 21. Mai ist der Tag der Heiligen Konstantin und Helena (auch Konstantin der Küken), wenn das lebendige Feuer entzündet wird, um die Hexen zu vertreiben und die Vögel ihren Küken das Fliegen beibringen.
blühende Wiese
Die Blumen bedecken die Erde...
Küken auf einer  Hand sitzend
Der Heilige Konstantin der Küken!
Juni. Iunie. Iunius. Cireșar. (der Kirschenerzeuger)
gemalte rumänische Tracht neben Kirschen
Der Juni ist der Göttin Juno, der Königin der Götter und der Göttin der Ehe und Geburt, gewidmet. Ihr Name soll von der abgekürzten Form des Wortes iuvenis abgeleitet sein, was Jugend bedeutet. Im Juni reifen in Rumänien die Kirschen und daher der Name: der Kirschenerzeuger. 50 Tage nach Ostern ist Pfingsten, ein christliches Fest, das mit dem heidnischen Feiertag Rosalia zusammenfällt, an dem Blumen, insbesondere Rosen, auf Gräber gelegt werden. Am 24. Juni wird die Geburt des Hl. Johannes, praktisch zur Sonnenwende, der Johannestag (Sânzienele) gefeiert. Sânzienele sind gute, verfluchende Feen, und wenn man sie ärgert, können sie Schaden anrichten. Die Mädchen weben Kränze und die Jungen zünden Feuer an. An diesem Tag werden Heilpflanzen geerntet. Der 24. Juni ist auch der Tag des Stillen Kuckucks (der Kuckuck singt vom 25. März bis zum 24. Juni) und der Tag der rumänischen gestickten Bäuerinnentracht. (Volkstracht mit oltenisch-muntenischen Einfluss im Rumänienadventskalender 2014)
Zweige voll mit Kirschen
111, 112… wieviel habt ihr gezählt?
Juli. Iulie. Quintilis. Iulius. Cuptor. (der Ofen)
gemalter Mann steht auf einem Steinwagen mit Feuerrädern
Der Juli wird im römischen Kalender Quintilis genannt, der fünfte Monat. Der Monat wurde von Julius Caesar umbenannt. Er nannte ihn Julius, weil er in diesem Monat geboren wurde. Wir alle wissen, dass der Juli der wärmste Monat des Jahres ist. Es ist wie in einem Ofen! Daher der volkstümliche Name des Monats. St. Elijah ist der VIP dieses Monats und überquert den Himmel in seinem Wagen mit Feuerrädern, der von geflügelten Pferden gezogen wird. Er lässt die Wolken regnen und peitscht den Teufel mit Blitzen aus.
Zwei Blitze schlagen hinter Häusern ein
Der Wagen des St.Elijah fährt vorbei.... und der Teufel zittert....
August. August. Sextilis. Augustus. Gustar. (der mit dem guten Geschmack)
gemaltes Gesicht mit zwei Hüten daneben und verschiedenen Obstsorten darunter
Sextilis ist der sechste Monat des alten römischen Kalenders. Caesars Adoptivsohn, Kaiser Augustus, beschloss, den Monat nach seinem Namen umzubenennen, da Sextilis der Monat war, in dem er Konsul von Ägypten wurde. Im August reifen die meisten Obst- und Gemüsesorten, jeder schmeckt die Früchte der Erde. Auch der rumänische Name des Monats, Gustar, kommt vom Geschmack. Am 6. August ist die Verklärung des Erretters. Von nun an ändert auch die Erde ihr Gesicht, der Wald ändert seine Farbe, das Wasser kühlt ab und die Störche ziehen ab. Am 15. August, der Himmelfahrt der Jungfrau Maria (Große Heilige Maria), werden in den Klöstern religiöse Prozessionen organisiert (O întoarcere în timp im Rumänienadventskalender 2018). Wenn die Akazie ein zweites Mal blüht, kommt ein langer Herbst. Am 15. August ist die Sommergrenze, der Hut wird durch die Mütze ersetzt. Nach dem 15. August beginnt die Hochzeitssaison, die bis zum 14. November dauert, wenn das Weihnachtsfasten beginnt.
Apfelbaumzweige und Hagebuttenzweige kreuzen sich
Die Früchte haben sich zwischen den Bäumen verlaufen.
September. Septembrie. September. Răpciune. (das Stibitzen)
gemalter Schornsteinfeger reinigt Esse auf einem Dach
Von September bis Dezember behielten die Monate die numerischen Namen aus dem alten römischen Kalender. September kommt von septem, was sieben bedeutet (der siebte Monat im römischen Kalender). Domitian wollte den Monat Germanicus, nach seinem Sieg über Germanien, nennen. Dieser Name hat den Test der Zeit nicht bestanden. Das Stibitzen bedeutet hier das Ernten des Weinstocks und kommt wahrscheinlich vom lateinischen Wort raptionem = zupfen, aber auch stibitzen. Der 1. September gilt als das biblische Neujahrsfest, als die Erschaffung der Welt begann. Bis zum 14. September, dem Fest der Himmelfahrt des Heiligen Kreuzes, werden die Schornsteine der Öfen geputzt, die Häuser gereinigt und die Wände weiß getüncht (zuerst den Ofen putzen und dann die Wände tünchen 😊) und der Priester kommt und segnet das Haus. Der 14. September wird auch der Tag der Schlangen genannt, wenn Schlangen und andere Lebewesen sich in die Erde zurückziehen und die Erde sich schließt. Ab dem 14. September werden die Walnüsse geschüttelt, der Wein geerntet und die Bienenstöcke auf den Winter vorbereitet.
Weinreben imitten von Bergwiesen und -wälder
Der Weinberg erwartet die Pflücker.
Oktober. Octombrie. October. Brumărel. (kleiner Reif von Frost)
gemaltes Schafspaar
Der Oktober kommt von Okto, dem achten Monat des alten Kalenders. Der Reif im Oktober ist klein und daher der Name des Monats. Ein kleinerer Reif, ein Reifchen. Die Legende besagt, dass das Reifchen ein hübscher Junge mit einem Herz aus Eis war, der zu Pferd ritt und vergilbte Felder und verwelkte Blumen hinterließ. Der erste Reif fällt im Oktober und wenn es viel Nieselregen gibt, kann dieser Monat einen harten Winter ankündigen. Der 14. Oktober ist der Tag der Hl. Parascheva (Karfreitag), der mit dem heidnischen Fest der Göttin Venus, Beschützerin der Vegetation und Fruchtbarkeit, zusammenfällt. Der pastorale Brauch im Oktober ist die Hochzeit der Schafe, wenn die Schafe mit den Widdern zusammengebracht werden.
Berglandschaft mit Rauhreif im Schatten
Der erste Reif hat sich im Schatten versteckt.
November. Noiembrie. November. Brumar. (der Reifbringer)
gemaltes Fenster mit Knoblauch auf dem Fensterbrett
Novem bedeutet auf Lateinisch neun, und ja, ihr habt es erraten, es ist der neunte Monat des alten römischen Kalenders. Im November gibt es häufig Reif, daher der Name. Er wird auch Vinar genannt (der Schöpfer des Weins). Es ist nun die Zeit, in der der Most zu Wein wird. Ab dem 21. November ist Ovid, der Einzug der Gottesmutter in die Kirche (Maria Opferung), es öffnet sich der Himmel, die Mädchen sehen den für sie Auserkorenen und über den verborgenen Schätzen brennen blaue Flammen. Am 30. November, am Tag des Heiligen Andreas (welcher die Rumänen christianisierte) verschwindet die Grenze zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren, zwischen Tod und Leben, zwischen Gut und Böse. Die Untoten kommen heraus und die Wölfe sprechen in menschlichen Worten. Knoblauch wird auf Fenster und Tore gelegt, um das Haus vor bösen Geistern zu schützen (rumänisches Halloween). Man legt den Weizen zum Keimen aus, um zu sehen, wie das neue Jahr wird. Wenn der Weizen bis Neujahr grün und schön gewachsen ist, wird das nächste Jahr Gesundheit und Erfolg bringen.
Herbstblatt mit Rauhreif überzogen
Der Reifbringer, ein echter Künstler.
Dezember. Decembrie. Decembre. Undrea. (die Stricknadel)
gemalter Schweinekopf ummgeben von einem Messer, verschiedenen Würsten, einer Stricknadel mit Wolle sowie einem Nikolausstiefel
Ist es noch sinnvoll zu sagen, was decem bedeutet? Die Stricknadel ist das Werkzeug zum Häkeln, Stricken von Pullovern und Wollsocken für den harten Winter. Es ist eine entspannte Zeit, die harte Arbeit ist vorbei. Das Ende der Aussaat markierten die Römer mit Festen zu Ehren des Gottes Saturn, des Schutzpatrons der landwirtschaftlichen Arbeiten und des Beschützers der Gerechtigkeit. Der 1. Dezember ist Rumäniens Nationalfeiertag, an dem 1918 alle rumänischen Provinzen vereint wurden. Am 6. Dezember, dem Nikolaustag, erhalten brave Kinder Süßigkeiten und nicht so brave Kinder einen Zweig. Am 20. Dezember (zur Sonnenwende), dem Tag des Heiligen Ignat, wird traditionell ein Schwein geschlachtet (Erinnerung an das Opfer zu Ehren des Gottes Saturn) und bis Weihnachten werden Würste und Kohlrouladen hergestellt. Die Gruppen der Weihnachtsliedersänger werden organisiert, die die Kostüme herstellen und die Lieder lernen. Am Abend des 23. Dezember beginnt das Singen der Weihnachtslieder, das bis nach Neujahr dauert. Zu den Bräuchen an den Feiertagen gehört das Herumziehen mit dem Stern (25. Dezember), dem Bären und der Ziege (zwischen den Feiertagen), der Sorcova (Sorcova im Rumänienadventskalender 2009) und dem kleinen Pflug (Pluguşorul im Rumänienadventskalender 2010) ( 31. Dezember - 1. Januar).
Als Bären verkleidete Menschen auf dem Marktplatz von Brasov
Spaziergang mit dem Bären durch Brașov.
Frohe Weihnachten!
gemalter Weihnachtsbaum
gemalter Weihnachtsbaum
gemalter Weihnachtsbaum
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